Oman – Rundreise Teil 2

Von Al Ashkara über Duqm, Ash-Shuwymijah nach Salalah

4. Reise nach Al Ashkara (20.11.)

Sultanat OmanDie Fahrt an diesen kleinen Ort an der Küste dauert nicht lang und birgt auch keine Probleme. Wir landen in einem kleinen Strandhotel – kleine Pavillons mit direktem Blick auf den Strand und die Weite des Meeres. Da das Frühstück im Wüstencamp ein bisschen magerer ausgefallen war, genehmigen wir uns eine „Zwischenmahlzeit“ auf der Terrasse, wo uns Wind und Sonne umspielen. Das Baden im Meer ist sehr angenehm – warm, leichte Drift, nicht so salzig. Wir beobachten die omanischen Familien (die teilweise in kleinen Strohhütten am Strand ihren Urlaub oder die freien Tage verbringen). Die Kinder und auch einige Mädchen (vielleicht 12 bis 14 Jahre) tummeln sich im Wasser – allerdings vollständig bekleidet. Die Väter gehen nicht mit ins Wasser und beobachten besorgt das Treiben der Kinder. Sie rufen sie sofort zurück, wenn sie meinen, dass es für die Kinder zu gefährlich wird.

Für uns ist es erstaunlich, dass die Väter nicht ebenfalls schwimmen gehen. Die Abendstimmung könnten wir zwar von unserem kleinen Balkon aus genießen, aber wir werden vom Lärm vierrädriger Motorräder sehr gestört, die unermüdlich ihre Kurven auf dem Strand drehen. Bei einem weiteren kleinen Gang durch das Gelände traut sich eine kleine Gruppe von hübsch gekleideten Frauen, mich anzusprechen. Zwei Frauen sprechen recht gut englisch. Sie sind neugierig und wollen wissen, woher ich komme und wie wir ihr Land finden. Eine erzählt, dass sie schon einmal in Deutschland war, allerdings nur auf dem Flughafen. Eine andere ist überzeugt davon, dass sie einmal nach Deutschland kommen wird. Interessant ist, dass sie – nachdem sie sich mir mutig genährt haben – sehr zutraulich sind. Natürlich bin ich auch ein bisschen vorsichtig, um sie nicht in Verlegenheit zu bringen.

Auf unseren kleinen Balkon zurückgekehrt, tauchen plötzlich zwei Männer auf, die das Gespräch mit mir und Reinhard suchen. Sind sie vielleicht von ihren Frauen geschickt worden oder haben gesehen, dass ich mit den Frauen gesprochen habe? In dem Gespräch dreht es sich um die unterschiedliche Lebensweise in Europa und im Oman. Die Omanis verstehen nicht, dass wir unseren Lebensrhythmus auf die Arbeit ausrichten. Für sie ist es wichtig, Zeit für sich selber zu haben, Zeit miteinander zu verbringen, alles andere erscheint ihnen ungesund. Ein Mann, der sich als „officer“ ausgibt, erklärt uns, dass er nicht das ganze Jahr arbeitet, sondern sich immer mal für einen Monat frei nimmt. Es fällt uns schwer, auf ihre Frage, warum wir eine für die Omanis ungesunde Lebensweise pflegen, eine einfache Antwort zu finden. Aber auch auf unsere Frage, warum die Männer – mit wenigen Ausnahmen – ganz in Weiß und die Frauen ganz in Schwarz gekleidet sind, können sie uns nicht wirklich beantworten. Ihren scheinbar lustigen Spruch – “When the man is black, he will be back” – können wir nicht entschlüsseln.

Die nächste Etappe – Duqm (21.11.)

Sultanat OmanWir fahren immer am Rande der Sichelwüste Wahiba entlang, an hohen Sanddünen vorbei; teilweise ist die Straße auch vom Sand zugeweht. Man muss sehr achtsam sein, denn das Auge sucht in dieser unendlichen Weite und dem gleißenden Licht nach Fixpunkten, dabei droht man, die Sandverwehungen auf der Straße und die Kamele „zu übersehen“. Erst nach und nach gewöhnt man sich an diese Besonderheit.

Duqm ist ein kleiner Ort, der sich irgendwie in der Fläche ausbreitet. Wir haben „das Zentrum“ nicht besucht, sondern sind weiter in Richtung Süden zu unserem nächsten Hotel gefahren. Das Crowne Plaza liegt in einem Gebiet, das in der nächsten Zeit zu einem großen Industrie- und Hafenzentrum mit Flughafen ausgebaut werden soll. Zumindest die superbreiten Straßen und die verschiedenen Zugänge zu den noch zu bauenden Industriezentren sowie einige Wohnsiedlungen sind schon vorhanden. Das Hotel – sehr edel und vornehm, aber zugleich sehr einsam gelegen – deutet an, auf welche zahlungskräftigen Kunden und Touristen man hofft. Bisher gibt es noch nicht viele Touristen, die ausgesuchte Höflichkeit des Personals zeigt es uns an.

Auf der Fahrt zum neu angelegten Hafen wird die Zielrichtung des Projekts noch deutlicher. Riesige Bauten – sie sehen aus wie zukünftige Technologieparks – säumen die Straßen. Man kann daraus schließen, dass man unmittelbar in die Industrie 4.0 einsteigen will. Unweit des Hotels fällt uns eine „Siedlung“ von Strabag auf, d.h. die großen Straßenbauunternehmen Europas haben sich hier schon etabliert. Wir leisten uns ein Bad im Swimming-Pool, sehr schön zwischen Hotel und Meer angelegt, und ein nettes Abendessen – natürlich zu teuer, aber lecker.

6. Das „verschlafene“ Ash-Shuwymijah (22.11.)

Sultanat OmanDie Fahrt dorthin verläuft entlang der Küste zunächst ohne Probleme bis zum Polizeiposten, der uns in die falsche Richtung – in das Landesinnere – weist. So geschieht das leider bei fehlenden Hinweisschildern. Umweg: insgesamt 90 km. So wie beschrieben, befindet sich in Ash-Shuwymijah unsere Unterkunft hinter einer Tankstelle. Entsprechend der Ankündigung des Reiseunternehmens, dass der Verwalter der Appartements nicht weiß, auf wessen Namen das Appartement vermietet ist, stellen wir uns auf Verhandlungen ein. Allerdings haben wir nicht erwartet, dass man unser Voucher gar nicht anerkennt und stattdessen Bargeld verlangt. Der „Besitzer“ der Appartements erklärt uns, dass er schon seit Monaten nicht mehr mit dem Reiseveranstalter zusammenarbeitet und dass er irgendwie nach einer Lösung suchen wird, um uns zu helfen. Zum Glück erreichen wir unseren deutschen Reiseveranstalter per Telefon und können die Verfahrensweise klären (wir bezahlen bar und erhalten das Geld später zurück).

Der Weg zu unserem „Ausflugsziel“ Wadi Schuwymijah ist wieder einmal recht schwierig zu finden. Eine Ausschilderung gibt es nicht, vielfaches Fragen verwirrt uns nur. Erst als wir dem Hinweis eines älteren Herrn folgen, erkennen wir, dass der Zugang zum Weg an einem Brunnen vorbeiführt; es ist eine Sand- und Steinpiste. Unser Auge ist auf solche „Wegmarken“ noch nicht eingestellt. Zwar ist die Piste zunächst gut befahrbar, wird dann aber zunehmend komplizierter. Um nicht in die Dämmerung und Dunkelheit zu kommen, brechen wir unser Vorhaben an einem kleinen Palmenhain ab. Auch die Suche nach einem Restaurant ist etwas schwierig. Aber schließlich finden wir ein kleines Dorfrestaurant, in dem uns ganz frischer Fisch, Reis und Dal angeboten wird. Die Mahlzeit ist mit viel Liebe zubereitet. Die Nacht im Hotel ist zu heiß, ein Frühstück fällt aus. Na ja, es muss ja auch Abwechslung zu den Luxushotels geben.

7. Die nächste Etappe – Salalah (23. – 26.11.)

Salalah - OmanDiesmal macht es keine Schwierigkeiten, den Weg zu finden. Er führt durch eine wunderbare Landschaft – die Dhofar Mountain Chain. Es sind zerklüftete, wilde Felsformationen. Die Fahrt auf der gut ausgebauten Straße wird immer wieder durch große Kamelherden verlangsamt, die wahrscheinlich zu anderen Weideplätzen geführt werden. Auch in der Herde verlieren die Tiere nicht ihren Stolz. Kurz vor Mirbat halten wir an einer „Straßenschlächterei“ an, die zugleich ein Straßenrestaurant ist. Wir verhandeln mit einem Omani, der – wie sich später herausstellt – auch Kunde in der Straßenschlächterei ist. Über ihn bestellen wir eine Portion Kamelfleisch. Nach seiner Aussage dauert die Zubereitung 30 Minuten. In dieser Zeit haben wir Gelegenheit, die ganze Szenerie in Ruhe zu betrachten.

Die großen Fleischstücke des gerade geschlachteten Tieres werden in Portionen aufgeteilt und in große Plastiktüten verpackt. Die Kunden kaufen nicht sofort, sondern sitzen erst zusammen, trinken Tee und unterhalten sich. Erst danach schaut man sich die Fleischportionen genau an, verhandelt mit dem Schlächter und erst nach einigem Hin- und Her wird gekauft. Danach gibt es noch eine kleine Plauderei – der Wagen wird schon angeworfen – und erst dann ganz allmählich verabschieden sich die Kunden und fahren davon.

Obwohl man uns die lange Wartezeit mit einem Tee überbrückt hat, werden wir schließlich doch ein bisschen ungeduldig. Große Töpfe werden herbeigeschleppt und auf das Feuer gestellt, größere Fleischstücke werden direkt auf dem Feuer gebraten. Fast alle Einkäufer sind in der Zwischenzeit verschwunden, es scheint, dass auch alles – bis auf das Fleisch in den Töpfen – verkauft worden ist, denn die Ladentheke wird sauber gemacht. Schließlich wird ein Tisch für uns hergerichtet und wir bekommen endlich unser „Frühstück“. Das ist wirklich ein Genuss, ganz frisch hergerichtetes, in Knoblauch, Zwiebeln und Tomaten gedünstetes Kamelfleisch.

In Mirbat machen wir Zwischenhalt, um uns die Stadt aus Lehmbauten anzuschauen. Schade, dass sie dem Verfall preisgegeben ist, die Lehmbauten werden nicht erhalten; zumindest die aus Holz geschnitzten Türen – so wie wir sie auch in Sansibar gesehen haben – können noch bewundert werden. Das Hotel Rotana – in Taqah, ca. 10 km vor Salalah gelegen – ist ein riesiger Hotelkomplex. Bei einem ersten Rundgang wird klar, dass dies eine Hochburg für Pauschaltouristen ist, insbesondere für Deutsche (60 % der Touristen). Der Strand ist sehr schön hergerichtet, das Baden im Meer ist bei mittlerem Wellengang sehr angenehm, man muss nicht auf Felsen oder Steine achten. Aber man verlässt „rechtzeitig“ den Strand, um ja pünktlich zum Abendessen zu erscheinen. Obwohl die Speisen sehr lecker sind, ist es doch eine Massenabfertigung – wie wir es auf unserer Reise bisher kaum erlebt haben.

Moschee in Salalah, OmanDer Besuch der großen Moschee in Salalah (für Touristen zugänglich) ist erst nach vielen Umwegen, Hin- und Herfahrten möglich. Wieder einmal entspricht das Kartenbild in keiner Weise den tatsächlichen Straßenverläufen und Wendemanöver auf der Autobahn sind erst nach einigen Kilometern möglich. Immerhin wird unsere Geduld belohnt. Die Moschee besteht aus einem wunderbar großen Raum, teppichbelegt, mit einer Kuppel in der Mitte. Trotz der vielen Touristen strahlt er eine große Ruhe und Gelassenheit aus. Die Materialien sind kostbar. Überladen wirkt die Architektur nicht.

Zum Glück ist der anschließende Geldwechsel in der der Moschee gegenüberliegenden Geschäftsstraße weniger problematisch, so dass wir noch Khor Ruri – die versunkene Stadt – und den dazugehörenden Weihrauchhafen besuchen können. Eine Umrundung der Ausgrabungsstätte in der Mittagshitze zeigt uns, wie anstrengend es für die Arbeiter und Archäologen sein muss, diese Stätte wieder so herzurichten, dass man sich das frühere Leben und Treiben vorstellen kann. Der Besuch im dazugehörigen Museum gibt uns mehr Aufschluss über den Weihrauchhandel und die mit Khor Ruri verbundenen Häfen im Indischen Ozean.

Salalah - Oman

Die Ausgrabungsstätte al-Bhaleed liegt im östlichen Salalah, der größten Stadt im Süden Omans. Unter der Bezeichnung „Land of Frankincense“ („Land des Weihrauchs“) zählt al-Bhaleed gemeinsam mit anderen Stätten an der Weihrauchstraße zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Al-Bhaleed war einst eine blühende Hafenstadt, in der über viele Jahrhunderte hinweg vor allem Weihrauch umgeschlagen wurde. Der florierende Handel mit Südostasien und Afrika verhalf al-Bhaleed zu großem Reichtum, der sich in prachtvollen Bauten niederschlug. Durch die Exporte aus Asien ist der Weihrauchhandel heute jedoch kaum mehr von Bedeutung.

Interessant ist auch die Fahrt in das nahe gelegene Küstengebirge, bei der wir auf einer Hochebene landen, auf der vor allem Rinderzucht betrieben wird. Die Häuser und Höfe zeigen an, dass es den Menschen hier recht gut gehen muss. Erstaunlich ist für uns auch der Temperaturunterschied, denn auf der Hochebene weht ein kühles Lüftchen und die Sonne erscheint plötzlich gar nicht mehr so heiß.

Auf der Rückkehr machen wir in einem gut bestückten Supermarkt Halt, um unsere kleinen Einkäufe zu tätigen. Vor uns an der Kasse steht ein Araber, der fast den ganzen Laden aufgekauft hat. Er spürt offensichtlich unsere beginnende Ungeduld. Er lässt uns zwar nicht vor ihm an der Kasse bezahlen, aber begleicht auch unseren Einkauf. Wir können gar nichts dagegen tun. Wie sich herausstellt, kommt er aus dem reichen Abu Dhabi. Wir können uns sein Verhalten nur schwer erklären – ist es pure Gastfreundschaft gegenüber Europäern, ist es der Wunsch zu zeigen, wie reich er ist …? Wir finden es nicht heraus.

Am letzten Tag in Salalah besuchen wir das archäologische Museum. Hier erfahren wir viel über die mehrere Jahrtausende alte Tradition Omans als See- und Handelsmacht. Jahrtausende, bevor in unseren Breitengraden Städte gegründet und Handel betrieben wurde. Die Handelsrouten führten nach Afrika, Indien und China; die ostafrikanische Küste – einschließlich der Insel Sansibar – gehörte einmal zum Oman.

Tragende Säule dieses Handels war der Weihrauch. Im Norden von Salalah beginnt auch bis heute das Gebiet der Weihrauchbäume. Unser Versuch, den heutigen Hafen von Salalah zu besichtigen, scheitert; Zugang wird Unbefugten nicht gewährt. Zumindest sehen wir auch hier viel Bautätigkeit; wahrscheinlich wird der Hafen weiter ausgebaut. Zurückgekehrt zum Hotel erfrischen wir uns am Nachmittag mit einem Bad in den Wellen.

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