Norderney

Ostfriesische Insel in der Deutschen Bucht

Unendlicher weißer Strand.

NorderneyNorderney liegt nur wenige Seemeilen vor Niedersachsens Küste. Und trotzdem ist sie ein eigenes Universum. Ein Universum, wie es nur auf den Ostfriesischen Inseln zu finden ist. Der rauhe, abwechslungsreiche Charme der Insel zieht bei vielen gegenüber der mondänen Nordfriesin Sylt oft den kürzeren; zu Unrecht. Was an dieser so hoch gelobt wird, hat jene im Überfluß: die einzigartige Atmosphäre einer Insel im Wattenmeer.

So üppig und geradezu verschwenderisch findet man dieses Nordseeinsel-Feeling nur auf Norderney. Ohne monotoner Luxusvillen-Bebauung mit serieller Reetdachbedeckung. Ohne Krabbenschwanz-Chablis-Habitaten in demonstrativem Markenwahn-Dresscode. Ohne protzambitionierter Vehicle-Promenade unverdeckter Oldtimer und Luxus-Liner; feurig, rasant fahren kann man auf der schmalen Insel eh nicht damit. Ohne pompöser, egozentrischer Selbstinszenierung an der Freiluftbar inmitten einer lippenlesenden, pausenlos antichambrierenden Millionärs-Anwärte-Entourage.

Norderney, DeutschlandAuf Norderney ist alles etwas bescheidener, also weniger prätentiös. Obwohl die Insel viele gekrönte Häupter begrüßte, beliebt bei Kanzlern und Staatsmännern war und  ganz besonders auch bei Kulturschaffenden und Wissenschaftlern sich großer Beliebtheit erfreute.

So Wilhelm von Humboldt, Theodor Fontane, Jenny Lind, Clara und Robert Schumann, Kurt und Barbara Aland. Felix Nussbaum malte unter anderem „Erinnerung an Norderney“ hier auf der Insel.

Heinrich Heine war im August 1825 sowie im Sommer 1826 und 1827 auf Norderney, verspielte einmal fünfzig Louis d’or in der dortigen, hernach bis heute berühmten Spielbank, was den  Inselumsatz in jenem Sommer erheblich nach oben brachte.
Bar jeder Ranküne ließ er sich bei seinen Aufenthalten gerne von Insel und Seeluft zu seinem Zyklus: Die Nordsee und einer ganzen Reihe von Seestücken inspirieren, bei denen es um das harte Leben der Inselbewohner geht.

„Die Eingeborenen sind meistens blutarm und leben vom Fischfang, der erst im nächsten Monat, im Oktober, bei stürmischem Wetter, seinen Anfang nimmt. Viele dieser Insulaner dienen auch als Matrosen auf fremden Kauffahrteischiffen und bleiben jahrelang vom Hause entfernt, ohne ihren Angehörigen irgendeine Nachricht von sich zukommen zu lassen. Nicht selten finden sie den Tod auf dem Wasser. Ich habe einige arme Weiber auf der Insel gefunden, deren ganze männliche Familie solcherweise umgekommen; was sich leicht ereignet, da der Vater mit seinen Söhnen gewöhnlich auf demselben Schiffe zur See fährt.“ Heinrich Heine: Die Nordsee – Dritte Abteilung von 1826.

Sein erster, allein unternommener Urlaub führte Franz Kafka 1901 nach seinem Abitur nach Norderney. Aber selbst das älteste deutsche Nordseeheilbad konnte den Leck seines Herzens nicht stopfen, seine melancholische Seele nicht heilen.

Wer so ganz ohne eine gewisse Melancholie des Herzen ist, sollte Norderney nicht im späten Herbst, gar im Winter besuchen. Wem aber diese Gemütslage vertraut ist, ja wen gerade die Melancholie des Herzens zu schöpferischen Ideen und Kräften bringt, der kommt gerade dann.
Peter Lindenbergs Bilder z. B. atmen Licht und Landschaft von Norderney (Bild 15 und 16) an trüben Tagen. An solchen Tagen geht man stundenlang in Gedanken den ganzen Norden der Insel entlang bis zu den alten Wracks, wo man einen Blick vom Ostende der Insel hinüber nach Baltrum mit auf den Rückweg nimmt, auf dem dann der Gegenwind grandiose Landschaften in den weiten Strand zeichnet und mit einer kräftigen Symphonie aus Wind und fliegendem Sand untermalt.

Dann, nach langem, kräftezehrenden Weg durch den Wind, kehrt man ein in die Oase oder, ein paar Schritte weiter, in die Weisse Düne. Beide vermitteln jene Sehnsuchtsatmosphäre, die Nordsee-Urlauber gut kennen, wenn man vom Wind geschoben in den Gastraum tritt, Regenjacke und Schal ablegt und sich diese wohlig kribbelnde Gänsehaut über Gesicht und Rücken ausbreitet.

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