Sardinien: Nordküste - Seite 2

Mehr als nur die Costa Smeralda

Die Nordostküste

SardinienBis auf den kurzen Streifen zwischen Olbia und Siniscola ist die nördliche Ostküste Sardiniens vom Tourismus weitgehend ausgeschlossen. Hierher verschlägt es diejenigen, die das wahre Gesicht Sardiniens erleben wollen. Die rauhe Felswelt, die verlassenen Buchten mit ihren einsamen Stränden. Orientale Sarda wird die Staatsstraße 125 genannt, die von Olbia bis runter nach Cagliari führt Die damals sehr beschwerliche und kurvenreiche Strecke ist heute dank großer fertiggestellter Teilstücke der neuen 125 wesentlich gemütlicher zu fahren. Sie führt vorbei an wunderschönen Waldflächen und eindrucksvollen Bergwelten.

Budoni und Sinscola

Posada, San Teodoro und Budoni gehören zu den beliebtesten Urlaubsorten der Ostküste. Von Siniscola bis rauf nach Olbia findet man zahlreiche Hotels, Appartementhäuser und Privatpensionen.

San Teodoro Nordostküste Sardinien

SardinienDie SS 125 führt von Siniscola fast parallel zum Meer bis nach Orosei. Etwa 30 km landeinwärts liegt das kleine Dörfchen Lula mit der sehenswerten Wallfahrtskirche des hl. Francesco di Lula. Im Mai findet hier eines der bedeutendsten Pilgerfeste Sardiniens, die Sagra di San Francesco statt, bei der tausende Gläubige zum Schrein des heiligen Francesco pilgern.

Dorgali und Cala Gonone

Die Hirtenstadt Dorgali liegt mit ihren etwa 8000 Einwohnern hinter Bergen vom Meer versteckt und war somit Rückzugsort vor den Piraten, welche die Küsten Sardiniens im 7. Jh. heimsuchten. Dorgali ist für seine farbenfrohen Tachten und den wunderschönen, filigranen Schmuck auf der ganzen Insel bekannt. Die Trachten werden stolz bei großen Festen und Umzügen getragen. Die großen kirchlichen Feste sind Ostern, Mitte August zu San Giuseppe und Mitte September.

Die Cala Gonone ist mit ihren rauen Granitfelsen und atemberaubenden Klippen zu einem der beliebtesten Klettergebiete Sardiniens geworden. Dadurch hat hier auch der Tourismus Einzug gehalten und es gibt in Cala Gonone zahlreiche Hotels, Appartementhäuser und einen Campingplatz. Vom Hafen aus kann man mit Ausflugsbooten zu den vielen kleinen Buchten oder der Grotta del Bue Marino fahren, die einst Ruheplatz der Mönchsrobben war. Die Sarden nennen sie Meeresochsen, daher hat die Grotte auch ihren Namen.

Auch Wanderer kommen hier auf ihre Kosten. Etwa 20 km entfernt von Dorgali, im Landesinneren, kommt man zu dem am Fuße des Monte Corrasi gelegenen Dorf Oliena. In der Umgebung liegen einige der schönsten und interessantesten Wanderwege Sardiniens. In dem urwüchsigen Hochtal Valle di Lanaittu findet man zahlreiche, größtenteils bis heute nicht erforschte Höhlen und Schluchten, von denen man annimmt, dass sich die Ureinwohner hier vor den Römern versteckten. In der Nähe befindet sich auch das Nuraghendorf Tiscali, in dem Rund 250 Menschen gelebt haben sollen. Übrigens – der Sarde Renato Sordu, benannte seinen weltweit agierenden Telekommunikationskonzern nach dem Steinzeitdorf Tiscali. Von Oliena, Dorgali oder Su Gologne kann man sich geführten Touren zu diesen wunderbaren Zeugnissen längt vergessener Kulturen, inmitten unbeschreiblich schöner Wildnis anschließen.

Nuoro

Von Dorgali aus sind es etwa 30 km zur Provinzhauptstadt Nuoro. Mit ihren über 43.000 Einwohnern ist Nuoro die drittgrößte Provinz Sardiniens. Gerne wird sie Kulturhauptstadt Sardiniens genannt, lebte hier doch die 1927 mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Schriftstellerin Grazia Deledda. Ihr Haus ist heute ein eindrucksvolles Museum sardischer Kunst und Kultur.

Jesusstatue am Monteortobene Nuoro.

Jesus, SardinienMan sollte sich die unbeschreibliche Aussicht vom Monte Ortobene nicht entgehen lassen. An diesem höchsten Punkt der Region steht eine von 19 Jesusstatuen, die im 19. Jh. zu Ehren des 19 Jahrhunderte andauernden Christentums auf 19 Bergen aufgestellt wurde.

Im August findet in Nuoro die alljährliche Sagra del Redentore, das Fest des Erlösers, statt, welches an die Aufstellung der Jesusstatuen erinnert. Auch dieses Fest hat wie so viele Festlichkeiten Sardiniens einen christlichen Ursprung.

Nordwestküste

Der äußerste Nordwesten Sardiniens, La Nurra, ist eine eher einsame, flache Steppen- und Weideregion mit Salzlagunen, im Westen begrenzt durch die eine raue Bergkette. Umso größer sind die Kontraste, je weiter man nach Süden reist, wo die Landschaft ihr wildes und ursprüngliches Gesicht zeigt. Zu den schönsten Zielen zählen die malerischen Städtchen Alghero und Bosa, die sowohl durch eine Inlands- als auch durch eine Küstenstraße miteinander verbunden sind – Panorama pur!

Santissima Trinità di Saccargia, Sassari.

Sassari, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und Universitätsstandort, ist mit über 120.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Insel. Beeindruckend schön ist die Lage: Sassari liegt umgeben von Olivengärten auf einem Kalksteinplateau, das im Süden in schroffen Klippen abfällt. Zur Besichtigung der historischen Altstadt startet man am besten an der Piazza d’Italia, die umschlossen ist von prächtigen Fassaden aus dem 19. Jh. Die Piazza ist ein beliebter Treffpunkt der Einwohner und trägt nicht umsonst den Beinamen „das Wohnzimmer von Sassari“. Markantestes Bauwerk der Altstadt ist die gotische Kathedrale San Nicola im Stile des spanischen Barock aus dem 18. Jh.

Unweit davon liegt mit dem Giardini Pubblici, dem Stadtpark, die grüne Lunge der Stadt, wo viele Bänke zum Ausruhen unter hohen alten Bäumen einladen. Zentrale Flaniermeile durch die Altstadt ist der verkehrsberuhigte Corso Vittorio Emmanuele II. Nördlich davon gelangt man zur riesigen Markthalle, wo Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse in drei separaten Hallen feilgeboten werden – ein Fest für die Sinne.

A propos Fest. Jeweils am vorletzten Sonntag im Mai wird die Calvacata Sarda gefeiert. Der „sardische Ritt“ zählt zu den drei größten Trachtenfesten der Insel; hunderte Dörfer führen ihre bunten Trachten vor. Religiösen Ursprungs, aber heute vollständig säkularisiert, ist die Faradda di li Candelieri am 14. August eines jeden Jahres. Neun riesige Holzkerzen verkörpern die Zünfte und werden bei der „Prozession der Leuchter“ durch die Stadt bis zur Kirche Santa Maria di Betlem getragen.

Südlich von Sassari befindet sich mit Logudoro (wörtlich: Ort aus Gold) eine der schönsten Regionen Nordwestsardiniens. Hier liegt in einem Tal zwischen Ploaghe und Condrongianus das so genannte Dreikircheneck mit drei pisanischen Landkirchen, darunter die Abteikirche Santissima Trinità di Saccargia des ehemaligen, heute völlig zerstörten Kamaldulenser-Klosters. Sie ist neben der Klosterkirche San Pietro di Sorres (oberhalb von Borruta) das bedeutendste Beispiel für die pisanische Architektur des 12. Jh. und die mit Abstand schönste Landkirche Sardiniens.

Alghero

Das auf einer kleinen Landzuge erbaute und an drei Seiten vom Meer umspülte Alghero gilt vielen als die schönste Stadt Sardiniens. Sein besonderes Kolorit verdankt der Ort allerdings den Spaniern, die hier fast 400 Jahre lang regierten. Dieser Einfluss ist bis heute spürbar:

Die Bewohner sprechen katalanischen Dialekt und die Straßennamen sind zweisprachig beschildert. Trutzige Festungsmauern mit Wehrtürmen umschließen das Centro Storica, die pittoreske Altstadt mit ihren schmalen Gassen und hübschen Plätzen. Hier lässt es sich unbehelligt von motorisiertem Verkehr bummeln. Mit vielen schönen Stränden und kleinen Buchten bietet Alghero perfekte Bademöglichkeiten. Allein der feinsandige Hausstrand Lido San Giovanni ist 6 km lang.

Eine der schönsten Bade-, Surf- und Windsurfbuchten Algheros ist Porto Ferro. Im Umland buhlen zahlreiche Bed & Breakfast-Unterkünfte um die Gunst der Gäste, trotzdem sind die Preise im Sommer recht hoch. Porto Ferro liegt nahe des Flughafens von Alghero. Der Aeroporto Fertilia-Alghero ist der drittgrößte Flughafen der Insel und wird unter anderem von Ryanair angeflogen (Starts aus Deutschland von Düsseldorf-Weeze, Frankfurt-Hahn und Memmingen/München-West).

Aufgrund des reichen Vorkommens der roten Sardegna-Edelkoralle wird der gesamte Küstenabschnitt um Alghero als Riviera del Corallo bezeichnet. Alghero ist berühmt für Korallenschmuck, entsprechend wimmelt es in der Altstadt von Juwelieren, die kaum etwas anderes anbieten. Der Erwerb dieser Schmuckstücke bedeutet allerdings, den Raubbau an der Natur zu unterstützen, da Korallen weltweit vom Aussterben bedroht sind.

Nicht versäumen sollten Besucher einen Ausflug zum Capo Caccia mit seiner berühmten Tropfsteinhöhle Grotta di Nettuno. Vom 170 m hohen Kap führt eine in den Fels gehauene Treppe mit 652 Stufen, die Escala del Cabirol, hinunter zur Höhle. Alternativ lässt sich diese auch auf dem Wasserweg per Boot erreichen.

Bosa

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Die Natur hat es gut gemeint mit Bosa: Malerisch liegt das Städtchen im Flusstal des Temo, im Osten und Süden umschlossen vom Hochplateau der Planargia, auf dem die Überreste eines mächtigen Kastells thronen. Weinreben gedeihen an den fruchtbaren Hängen, von hier stammt der bekannte Malvasia di Bosa.

In Bosa hat der Tourismus bislang nur verhalten Fuß gefasst. Zentraler Treffpunkt ist die von Palmen gesäumte Flusspromenade, unterhalb derer man die Fischer beim Flicken ihrer Netzte beobachten kann. Während man an herrschaftlichen Bürgerhäusern entlangspaziert, erblickt man auf der anderen Flussseite die alten Gerbereihäuser aus dem 18. Jh.; Reminiszenz an die Zeit, als Bosa das Zentrum der Lederverarbeitung Sardiniens war.

Bergan in Richtung des Kastells winden sich die handtuchschmalen Gässchen der Altstadt. Hier findet man gemütliche Cafés und Weinlokale und kann den Frauen bei ihren Filetstickereien und Klöppelarbeiten über die Schulter schauen. Bademöglichkeiten bietet das nahe Seebad Bosa Marina, das aus einem goldgelben Sandstrand und einem kleinen Fischerhafen besteht.

Monte Ferru

SardinienIm Hinterland von Bosa findet sich mit dem Monte Ferru (auch Montiferru) das größte erloschene Vulkanmassiv Sardiniens. Seine rote Farbe verdankt der Berg seinen Eisenvorkommen, nach denen er auch benannt ist („Eisenberg“).

Höchster Gipfel des Massivs ist der 1.050 m hohe Monte Urtigu. Wanderer genießen hier neben spektakulären Ausblicken auf die Küste vor allem die Vielfalt der unberührten Natur: eine Fels- und Macchialandschaft mit Schatten spendenden Steineichenwäldchen, Ahornbäumen, Korkeichen und duftenden Gewürzkräutern; an sprudelnden Quellen stillt man seinen Durst. Das Monte-Ferru-Gebiet ist die Heimat der letzten Gänsegeier Italiens, auch Rebhühner und die auf freier Wildbahn weidende Rinderart Bue Rosso sind hier zu Hause.

Hauptort von Monte Ferru ist das hübsche Städtchen Cuglieri, das inmitten weitläufiger Olivenhaine auf einer Hügelkuppe liegt. Neben Cuglieri und Umgebung ist Seneghe am Südhang des Massivs ein Zentrum der Olivenölherstellung. Das hier gewonnene Öl ist von hervorragender Qualität und wird vielfach direkt ab Hersteller verkauft.

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