Mathias Lanfer - Seite 2

Die Performance der Energie

Mathias Lanfer Plastiken / SkulpturenMathias Lanfer Plastiken / SkulpturenSein Atelier ähnelt deshalb auch eher einer Produktionseinheit in einem Großbetrieb der Stahlproduktion mit riesigen Bottichen, einem schweren Deckenkran, Schweißgerätschaften und jeder Menge Werkzeug und Schutzbekleidung. Was fehlt, um daran zu erinnern, ist der Zeichentisch.
Was aber keineswegs heißt, dass hier nicht geplant wird. Im Gegenteil.

Nur ist der Zeichentisch dem elektronischen Konstruktionsmittel gewichen. Wie er damit umnzugehen hat, weiß der gelernte Konstruktions­zeichner für den Schweißvorrichtungsbau. Am Bildschirm entwirft er die aus vielteiligen und verschiedenformigen Stahlstäben und -stiften bestehenden dreidimensionale Konstrukte, die das komplexe Gerippe seiner voluminösen Plastiken bilden.
Und was der Bildschirm errechnet, knicken, sägen, spalten später Industrieroboter in Serie zu Stäben und Stahlstücken, die mit dem schweren Grundgerüst seiner Plastik verschweißt werden.

Diese teils filigranen, offenen, dreidimensionalen Gebilde wären selbst schon fertige Plastiken, aber Lanfer hebt sie mit einem Kran über riesige Bottiche aus Stahl und Beton, taucht sie mehrfach, bis zu fünfzig mal in ein heißes Gemisch aus Polyäthylen; Thermoplaste wie er sagt.
Viel zu oft liest und hört man, wenn es um Plastik geht, wie Lanfer sie versteht, ginge es zugleich auch um jenen mysteriösen Zufall, der letzten Endes deren ultima ratio sei. Also, der Zufall als jenes „formgebende Prinzip“, das aus handwerklichem Können quasi wie mit Geisterhand, andere meinen durch so etwas wie Kreativität als fortgeschriebenes Prinzip eines göttlichen Funkens oder schöpferischen Genius‘ Kunst werden lässt.

Mathias Lanfer Plastiken / SkulpturenDas ist alles Unsinn. Mathias Lanfer arbeitet mit Sinn. Wie Platons Bestimmung der Techne nicht nur Kunstfertigkeit meint, sondern Episteme, also Wissen hinzukommt, aus deren Synthese also von Können und Wissen das Ergon entsteht, so will Lanfer auch seine Kunst verstanden wissen. Es geht nicht um den Zufall und überhaupt, wo keine Ordnung, auch kein Zufall. Wo keine Logik, kein Unvorhersehbares.
„Logik ist dabei auch eine Form von Spielerei und Überraschungen entstehen selbst da, wo man sie erwartet“, betont deshalb Lanfer auch mit Nachdruck und dem Effekt an Nachdenklichkeit vertrauend, den dieses paradoxe Aperçu gegen jede Vereinfachung anstrengt. Denn das Komplexe im Einfachen wie umgekehrt, Einfaches im Komplexen vorzustellen ist sowohl sinnhaftig seine Kunst und als diese Sinnhaftigkeit auch von denen zu erfahren, die sich mit seiner Kunst auseinandersetzen.

Mathias Lanfer Plastiken / SkulpturenLanfers Kunst erhebt sich also durchaus aus der Sinn-Tradition, zwar nicht im Sinne des „Guten“, des „Besten“, des „Schönsten“ für das Hergestellte, sondern aus einer anderen Idee, die zugleich auch einen anderen Künstler vorstellt.
Vielleicht war Richard Serra der erste, der seine Kunst nicht mehr mit den klassischen Werkzeugen des Bildhauers, mit Hammer und Meißel herstellte, sondern Kunst im Industriemaßstab fertigte. Wie Serras gigantische Stahlplatten, so sind auch Lanfers ‚Halbzeuge‘, die riesigen Gitterkörper von solchen Ausmaßen und Schwere, dass allein Industriemaschinen und industriell ausgebildete Facharbeiter die nächsten Transformationsschritte bewerkstelligen können.

Um welche Transformationen geht es denn hier? Es ist nicht schwer, in Lanfers Kunst technobiologische Formen hineinzudichten, Raumgerippe zu sehen, die an prähistorische Tierskelette wie an davon-düsende Ufos er­innern, Blumeassoziationen zu entwickeln wie in ihr unsichtbare Bewegungsprozesse in der Natur visualisiert zu sehen: Oder einfach eine Form von ‚genialem‘ Materialwissen, gepaart mit überraschenden Berabeitungstechniken zu identifizieren, als käme er gerade aus einem Studium an der RWTH Aachen; alles Kokolores!

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