Palermo - Seite 2

Faszinierendes, lärmendes Chaos

La Kalsa. Von den Kalifen zur Mafia.

Sizilien - Palermo - Santa Maria della PietàPalermo stand nie unter griechischer Herrschaft, im Gegensatz zu anderen großen Städten auf Sizilien. Deshalb findet man die herrlichen griechischen Tempel auch in Agrigent, aber nicht hier. Palermo wurde im 8 Jhd. v.Chr. von den Phöniziern gegründet und hatte ihren ersten Namen Ziz, die Blume, aus dem Punischen.

Es waren die Katharger, die die Stadt und ihren mächtigen Hafen zum Bollwerk gegen die Römer ausgebaut haben bis sie im Ersten Punischen Krieg 254. v.Chr. den Römern in die Hände fiel. Von da an hieß sie Panormus, was sich aus dem griechischen Πάνορμος Panhormos, Ganzhafen bzw. großer Hafen herleitete.

Sie erlebte lange Phasen der Vorherrschaft durch die Araber, die Normannen und der Staufer, war Residenzstadt von Friedrich II. und Konrad IV., erlebte einige kräftige Blütezeiten wie auch Krisen, die Mafia und bittere Not. Und vieles aus ihrer reichen Geschichte kann man in Palermo auch heute noch sehen.

Der Hafen ist heute zweigeteilt. Einmal das Becken für die Sportschiffahrt, dann der Teil, wo die riesigen Fähren nach Neapel, Civitaveggia, Caglari und Tunesien oder zu den Liparischen Inseln auslaufen und die noch größeren Kreuzfahrtschiffe festmachen.

Das Viertel vor dem Hafen ist die Kalsa. Sie entstand während der arabischen Phase und wurde aus politischen Motiven gegründet. Im damaligen Zentrum von Palermo gab es zahlreichen separatistische Unruhen und das neue Viertel sollte einen Gegenpol dazu bilden. Das gab dem Viertel seinen Namen. Kalsa entstammt dem Arabischen Al Khalisa und bedeutet: die Reine oder die Auswerwählte.

Palermo, Sizilien, Italien - La KalsaDieser Name erscheint fast wie ein Hohn, galt die „Reine“ bis vor kurzem als Armenviertel mit dem Beinamen „Beirut“ und als Zentrum der sizilianischen Mafia.

Einst standen hier der Palast des Kalifen, die Paläste der großen Adelsfamilien und berühmte Kirchen wie etwa die Santa Maria della Pietà. Heute spaziert man entspannt an der Porta Felice und längs des Ufers, wo zahlreiche Buden zum Fisch- und Eisessen einladen.

Den schönen Blick auf Küste und Altstadt haben Sie von der Passeggiata delle Cattive, die erhöht auf der Stadtmauer und am mächtigen Palazzo Butera entlangführt, in dem Goethe 1783 wohnte; aber wo wohnte der eigentlich nicht.

Nach hemmungsloser Bauspekulation und Mafia erlebt die Kalsa eine eigenen Renaissance, zu sehen an der Piazza Maria, wo unter riesigen Gummibäumen das Nachtleben in zahlreichen Trattorien und Bars wieder erblüht. In den beiden Hauptstraßen des Viertels, der Via Alloro und Via Torremuzza, wird scheinbar überall an den hohen, barocken Palast- und Kirchenfassaden restauriert. Die Kirche San Francesco d’Assisi beeindruckt heute bereits mit ihrer Fassade mit reich verzierter Fensterrosette und Portal. Die gotische Hallenkirche besticht mit ihren klaren Formen und ist eine der wenigen mittelalterlichen Kirchen Palermos, die in späteren Zeite keine großen barocken Zutaten erhalten hat.

Die Kalsa ist insgesamt das vielleicht noch ursprünglichste Viertel in der Alstadt Palermos und wenn auch die Zeiten der ehrenwerten Gesellschaft vorbei zu sein scheinen, in den engen, sehr verwinkelten und teils beklemmenden Gassen muss man bei Nacht nicht unbedingt herumspazieren. Tagsüber bietet die Kalsa aber echtes, ungeschminktes Palermo, ganz sicher.

Bitte lesen Sie weiter auf Seite 3: In der Albergaria. Unterwegs von der Fontana Pretoria zur Kathedrale.

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