Aus den Vielen ein Volk –
was für ein schöner Traum. Die Wirklichkeit aber ist: etwa 91 % der Einwohner stammen von afrikanischen Sklaven ab, die besonders im 17. und 18. Jahrhundert auf die Insel gebracht wurden. 1,3 % kamen aus anderen Staaten der Karibik nach Jamaika, jeweils 0,2 % sind europäischer oder chinesischer Herkunft.
Die Indigenen, Taíno und Kariben, haben nicht als eigene Völker überlebt; dezimiert von eingeschleppten Krankheiten und durch Gewaltherrschaft der europäischen Kolonialmächte vermischten sich die restlichen Überlebenden mit den anderen Bevölkerungsgruppen und gehören also heute nicht mehr zu den Vielen, wie überhaupt von Vielen heute nicht mehr gesprochen werden kann.
Ein wenig Geschichte: Ciboney- undTaino-Indianer vom Stamm der Arawak kamen in mehreren Wellen vom südamerikanischen Kontinent nach Jamaika (650 n. Chr. bis 900 n.Chr.). Vermutlich ein halbe Million „Indigene“ bevölkerten damals die Insel, die sie Xamaica, Land voll Holz und Wasser, nannten. Die Arawak-Indianer wurden im Laufe des 15. Jahrhunderts von kriegerischen Carib-Indianern vertrieben.
Zwischen August 1492 und März 1493 führte Christopher Kolumbus seine erste Reise auf dem westlichen Seeweg in vermeintlicher Richtung nach Indien durch, erreichte am 5. Mai 1494 Jamaika und lief in die Bucht von Saint Ann´s ein, die er Santa Gloria nannte. Die nächste Bucht, die er in West-Richtug anlief, trägt heute zur Erinnerung an die Entdeckung den Namen Discovery Bay. Am 9. Mai erreichte er El Golfo de Buen Tiempo, die „Gutwetterbucht“, das heutige Montego Bay.
Vermutlich wurde Henry Morgan um 1635 in Wales geboren. Die Umstände, wie er zu den Streitkräften fand, die Hispaniola angreifen sollten, sind nicht bekannt, sicher ist nur, dass er zu den Truppen gehörte die Jamaika eroberten. Am 21. September 1661 erteilt Thomas Windsor, Gouverneur von Jamaika, dem Kapitän Henry Morgan als Besitzer von zehn Schiffen den Freibeuterbrief.
Neuer Inselgouverneur wurde Thomas Modyford. Er verstand sich sehr gut mit Edward Morgan, so dass er ihn 1665 auf eine Expedition zu der niederländischen Insel Sint Eustatius schickte. Dort verstarb „Onkel Edward“. Gouverneur Modyford ernannte Henry Morgan zum Admiral und Kommandeur der Miliz von Port Royal.
1667 kursierten in Port Royal die Gerüchte, dass Spanien in Kuba eine Flotte zusammenstellt, um Jamaika zurückzuerobern. Gouverneur Modyford beauftragte daraufhin Henry Morgan, ebenfalls eine Flotte zusammenzustellen und die kubanischen Gewässer zu erkunden. Dieser fuhr aber nicht nur durch die kubanischen Gewässer, er änderte den Kurs und überfiel und plünderte die Stadt Portobello in Panama. Nach seiner Rückkehr plante er bald eine neue Expedition. Diesmal sollten die Städte San Lorenzo und Panama überfallen werden.
Am 18. Juli 1670 unterzeichneten England und Spanien einen Vertrag, demzufolge beiden Parteien räuberische oder freibeuterische Unternehmungen in der Karibik untersagt wurden. Dieser Vertrag wurde in der Karibik erst im Mai 1671 bekannt, als Morgan mit seiner Panama Expediton schon unterwegs war. Der spanische Botschafter in London empörte sich über diesen Überfall. Daraufhin sah der König sich gezwungen, Gouverneur Modyford nach London zurückzuholen. Auch Morgan musste nach London kommen.
Als dieser im August 1673 aber ein Memorandum über Jamaikas militärische Schwachstellen vorlegte wurde er schon im folgenden Jahr in die Karibik zurückgeschickt. Zudem erhielt er durch königliche Urkunde 2.400 Ha Land auf Jamaika.
Das Amt des Vizegouverneurs füllte Morgan aber nicht aus. Er verfiel immer mehr dem Alkohol und starb am 25. August 1688 an der Trunksucht.
Die Maroonkriege.
Die Maroons bildeten Banden, versteckten sich hauptsächlich an den Nordhängen der Blue Mountains und im Cockpit Country. Nachts überfielen sie die Plantagen, zündeten Felder und Gebäude an und stahlen das Vieh. Sie errichteten im unwegsamen Bergland befestigte Siedlungen, hielten alte afrikanische Traditionen aufrecht, verstanden es hervorragend, sich zu tarnen, fügten den englischen Truppen schmerzliche Verluste zu.
Die Maroons hatten auch weibliche Anführer, am bekanntesten ist Nanny of the Maroons, die im heutigen Jamaika eine Nationalheldin ist. In den folgenden 79 Jahren bis 1739 zahlte die Inselverwaltung die damals gewaltige Summe von 250.000 £ für den Kampf gegen die Maroons, gleichzeitig wurden in diesem Zusammenhang 44 Gesetze verabschiedet. Erst als man nordamerikanische Indianer und Bluthunde gegen sie einsetzte kam es zu einem Friedensvertrag. Bis heute herrscht in den fünf Maroon Gemeinden Steuerfreiheit, Selbstverwaltung und eine eigene Gerichtsbarkeit. Im Vertrag von 1739 verpflichteten sich die Maroons dazu, ihre Angriffe auf die Plantagen einzustellen und entlaufene Sklaven nicht länger zu unterstützen. Maroonzentren sind Moore Town, südlich von Port Antonio, sowie Maroon Town und Accompong im Westen bzw. Südwesten des Cockpit Country. In Accompong wird bis heute immer am 6. Januar das Befreiungsfest der Maroons gefeiert.
Im zweiten Maroon Krieg, der im Juli 1795 begann, waren nur die Einwohner von Trelawny Town verwickelt. Anlass waren zwei Maroons, die in Montego Bay für den Diebstahl von Schweinen öffentlich ausgepeitscht worden waren. 1.500 Soldaten aus England und 3.000 Mann der Inselarmee versuchten erfolglos, die etwa 300 Maroons in den dichten Wäldern unschädlich zu machen. Schließlich brachte man 100 Kampfhunde per Schiff von Kuba auf die Insel. Und dadurch kam es zu einem Vertrag mit den Maroons, die innerhalb weniger Tage ihre Waffen niederlegten.
Morant Bay Aufstand.
Als unehelicher Sohn zwischen einer Sklavenfrau und ihrem Herren wurde um 1820 George William Gordon geboren. 1865 waren die Lebensumstände in Jamaika wieder einmal sehr schlecht. Kleinbauern konnten kaum gutes Farmland erwerben, die Arbeitslosigkeit und die Steuern waren hoch, die Löhne sehr niedrig. Eine Serie von Trockenheiten führte zu schlechten Ernten, so dass Nahrungsmittel teuer importiert werden mussten.
Die Verbitterung in der Bevölkerung wuchs, in vielen Orten kam es zu Demonstrationen. George William Gordon wurde bei einer solchen Veranstaltung in Morant Bay aufgefordert, dem Gouverneur eine Beschwerde vorzulegen. Zusammen mit seinem Freund Paul Bogle marschierten beide etwa 80 Km zum Gouverneurssitz nach Spanish Town. Der Gouverneur lehnte es aber ab, sie zu empfangen. Zurück in Morant Bay organisierte Paul Bogle an einem Markt- und Gerichtstag mit 200 Gefolgsleuten einen Marsch zur Magistratssitzung. Dort kam es zu Tumulten mit der Polizei. Gegen Bogle und 23 weitere Männer wurde ein Haftbefehl erlassen. Es kam zu weiteren Ausschreitungen.
Unter der Notstandsgesetzgebung wurden Gordon, Bogle und 18 andere in einem Schnellverfahren in Morant Bay für schuldig erklärt und gehängt. Innerhalb von acht Tagen wurden alle Aufstände niedergeschlagen, das Kriegsrecht wurde aber noch lange aufrecht erhalten. Unter diesen Umständen wurden weitere 430 Männer und Frauen erschossen oder nach dem Kriegsrecht gehängt, etwa 600 weitere wurden ausgepeitscht und über 1.000 Häuser von verdächtigen Personen wurden zerstört.
Gouverneur Eyre wurde für sein schnelles Eingreifen gelobt, gleichzeitig aber für die weiteren Ausschreitungen verantwortlich gemacht und deshalb seines Postens enthoben.