Kalgoorlie

Aus tiefen Löchern.

„Gold, Gold, Gold!“

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Kalgoorlie-Boulder ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Sie ist die wohl bekannteste, noch aktive Goldgräberstadt im Westen Australiens am Beginn des Golden Quest Discovery Trail, der sich über tausend Kilometer nach Norden durch das Outback zieht und an dem noch in verschiedenen Minen Gold industriell abgebaut wird (von schürfen kann man dabei wahrlich nicht reden).

Kalgoorlie-Boulder ist ein Ort, dem einst der Ruf voraus ging, genau so viele Prostituierte wie männliche Einwohner zu haben in genau so vielen Bars und Saloons. Man könnte es fast glauben. Viele Besucher kommen hierher, um die Golden Mile, wo sich etliche idyllische Gebäude befinden, die man sich in kleinen Gruppen anschauen kann, zu sehen. Oder um an der größten Goldmine Australiens  von einer spektakulären Besucherplattform aus die 500 Meter tiefe Grube zu bestaunen und zu beobachten, wie noch heute nach Gold gegraben wird.

Es wird tatsächlich 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr nach Gold gesucht, wobei Suche heute anders definiert werden muss: Mit Dynamit werden gigantische Mengen Gestein herausgesprengt, um mit riesigen KLWs, deren Räder knapp vier Meter hoch sind, die 500 Höhenmeter nach oben in die Brechmaschinen zu schuften und dann ein paar Unzen Gold herauszufiltern und den Abraum über kilometerlange Förderbänder in der Landschaft zu verteilen. Ja, Umweltschutz war keine australische Erfindung.

Eine nette Dreingabe ist auch, wenn oben auf der Plattform ein veritabler Sturm einsetzt und das kann oft passieren und die Hüte der Damen, die Mützen der Herren sich die fünfhundert Meter nach unten aufmachen und alles in dichtem, rotem Staub verschwindet. Hübsch zu sehen, welch unvorhergesehene Muster die weissen Röcke, Blusen und Hosen nach dem Strum zeigen. Am Kreischen der Damen, während sie Röcke raffend durch die rot-braune Staubwolke stieben, merkt man nichts, aber in den minutenlangen Flüchen und Erklärungsversuchen des unverhofften Ereignisses hört man deutlich den ganzen Outback-Sand im Sprachgetriebe.

Die Hannan Street.

Zentrum des Ortes ist die Hannan Street. Diese Straße ist auffallend breit, was darin gründet, dass  sie in den früheren Jahren von ganzen Karawanen befahren wurde und sie auch täglich von Goldgräbern und Minenarbeitern genutzt wurde.

Die Hannan Street spiegelt auch heute noch etwas von dem Charme und dem verflossenen Glanz des Goldrauschs wider, aber vor allem in den kleinen Seitenstrasssen, wo es noch eine Reihe von einigermaßen typischen Bars und Saloon gibt.

Dort abends mit einem kühlen Bier zu sitzen und den unvergleichlichen Sonnenuntergang aus einem stahl-blauen Himmel hin zu intensiv gelb-orange-rotem Farbenspiel zu erleben, ist die ganze Reise durch das endlose Outback allein schon wert. Kalgoorlies Einwohnerzahl schwankt mit dem Goldpreis sehr stark und wäre ohne die Touristen im Vergleich zu ihren Blühtezeiten heute wohl längst zur Geisterstadt geworden.

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Das Outback.

Wahrscheinlich sind über 80 Prozent der Fläche Australiens das Outback. Das Outback also ist Australien. Und das stimmt. Man war nicht wirklich in Australien, war man nicht im Outback.

Von Kalgoorlie nach Glendambo zieht sich eine 1.400 Kilometer lange Outback Piste durch den Nullarbor Plain, die sogenannte Railroad Service Road. Sie ist neben dem parallel verlaufenden 1.700 km langen asphaltierten Eyr Highway die einzige Alternative auf dem Weg durch die Nullarbor. You see, you got your choice.

Die Wahl durch die Nullarbor ist eine ganz spezielle Herausfordung, ein ganz spezielles Erlebnis. Nullarbor heißt, der Lateiner hat es schon geahnt: Null Baum. Und das stimmt auch. Scheinbar schnurgerade  zieht sich die Schotterpiste durch die faszinierende Einsamkeit des Outback. Eine monotone, kurvenlose Strecke mit scharfkantigen Steinen, die schnell zum Problem für die Reifen werden können und einer kaum vorhandenen Infrastruktur.

Tank-Stopps und Wasservorräte sollten sorgfältig geplant werden, denn das Outback kann schnell zur Falle werden. Gut organisiert erleben Sie aber im Outback mehr Australien als sonst wo. Und man muß sich heute auch nicht mehr den riesigen Strapazen ganz aussetzen, man kann die Route auch in Abschnitte unterteilen oder nur teilweise fahren und trotzdem einen unvergesslichen Eindruck von dieser überwältigenden Landschaft in äußerster Einsamkeit und teilweise kosmischer Stille bekommen. Nullarbor ist eine Steinwüste und heißt bei den Aborigine: „oondiri“, wasserlos.

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Ohne Baum und ohne Wasserloch zieht sich der lange Outback Track durch die australische Hitze, die schnell mal über 45 Grad erreichen kann, um dann nachts am Gefrierpunkt zum Stillstand zu kommen. Während die größeren Teile des Outbacks farblich von unzähligen Eukalyptus Bäumen und Buschwerk mit ihren grün-silbern schimmerndem Blattwerk – teils wie Olivenbäume – auf purpurotem Sand geprägt sind, herrscht hier roter, gelber und weißer Sand auf Kalksteinboden vor, der partiell unterbrochen wird von Büschen und kleinen Hecken.

Gleichwohl, beiden gemein ist die schier endlose Ausdehnung der flachen Landschaft ins Unendliche. Man fährt bis zum Horizont, um dort festzustellen, dass es wieder weiter geht; bis zum Horizont. Seine weiten Landschaften, der ungestörte Blick bis zum Horizont, der über den Tag hin ein faszinierendes Farbspektrum durchmißt, eine betörende Stille, die man nur hier und in Teilen von Tasmanien erleben kann und natürlich ein südlicher Nachthimmel mit einer unwirklich anmutenden Anzahl und Leuchtkraft von Sternen stellt so ziemlich alles an Eindrücken und Emotionen in eine neue, andere Dimension.

Unsere westlich europäische Erfahrung von Raum und Zeit wird gleichsam überzeichnet von einer Welt, die in ihren Ursprüngen menschlicher Existenz einen ganz anderen Begriff von Zeit  geprägt hat: Dream Time, so übersetzen und verstehen wir das, was uns die Aborigines von ihrer Art der Erfahrung von Raum und Zeit erzählen. Die grenzenlose Unendlichkeit des Nullarbor Plain vermittelt vielleicht eine Ahnung von dem, was Dream Time vielleicht sein mag, vielleicht ein wenig Verständnis, was damit gemeint sein könnte. Aber ich wäre da vorsichtig.

Ach ja; da sind auch noch die Road Trains. Zu den ist zu sagen: AUFPASSEN! Die Dinger sind unglaublich lang. Die fahren mit ca. 60 Miles/h durch den Busch, ohne mit der Wimper zu zucken und ziehen einen ganz schönen Sog hinter sich her. Überholen kann aus einigen Gründen gefährlich werden. Die Fahrer fahren meist in der Mitte, und kommen Sie mit einem Rad auf den unbefestigten Fahrbahnrand, dann guten Flug!

Des öfteren fliegen auch Bierpullen durch die Luft. Die können dann auch schon mal treffen, zumindest bedeuten sie: Fahrer fährt stocknüchtern. Und was die mit ihren Reifen aufschleudern, ist ziegelsteingroß. Meine Windschutzscheibe war schlicht weggebröselt nach dem Treffer. Also, No time to rumble.

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Oberbayer

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