Mario Feigel Fotografie

Der Seele beim Atmen zuschauen

Projektionen der Seele

Mario Feigel Fotografie - ReflexionenDer Fotograf Mario Feigel ist Autodidakt, so weit man das von jemandem sagen kann, der sich seit mehr als fünfzig Jahren eingehend mit der Fotografie beschäftigt.
In dieser Zeit hat er sich ein enormes Wissen um die Fotografie erarbeitet, unerschöpfliche Erfahrungen gesammelt und eine ausgereifte Professionalität entwickelt. So viel zu den äußeren Umständen.

Feigels Fotografie überrascht zunächst einmal damit, dass sie trotz der langen Entwicklung nichts an Schwung, noch weniger an mutiger und experimenteller Kraft verloren hat, gleichwohl sie Positionen vertritt, die nicht wohlfeil jeder neuen Mode geopfert, im Gegenteil, nachhaltig vertreten werden.

Sie sind gleichsam von komplexer, philosophischer Tiefe und psychologischer Intensität, die unter die Netzhaut geht; wir schauen der Seele beim Atmen zu. Und zwar ganz im Sinne der platonischen Seelenlehre, wonach die Seele zwischen den Bereichen des Geistigen und des Sinnlichen steht, indem sie an beiden teilhat und zwischen diesen vermittelt. Sie ist ein dynamisches Bindeglied zwischen Sein und Werden, schlicht das Prinzip des Lebens.

Die Seele ist die Bewegung, die sich selbst bewegen kann (Platon, Nomoi 895e-896a). Damit ist sie zugleich unsterblich, unvergänglich und unzerstörbar, denn das sich selbst Bewegende kann weder untergehen noch entstehen. Die Gegenwart der Seele ist das, was einem Körper das Leben einhaucht und da nach Platon nicht nur Menschen eine Seele haben, sondern auch die Welt, die Götter, die Gestirne, die Dämonen, die Erde, die Tiere und die Pflanzen finden wir in den Fotografien von Mario Feigel einmal die intensive Suche nach der Seele der Welt, der Menschen, Natur und Dinge wie auch oft deren äußerst gelungene Projektion.

Landschaften

Mario Feigel Fotografie - LandschaftenMario Feigel fotografiert keine Landschaften. Er sucht nach deren Seele. Nach der Weltseele, die der Natur innewohnt – wie Platon schreibt – und der Arete, also der Schönheit und Vollkommenheit von Landschaft und Natur.

Dies ist heute um so schwerer, als es einmal unter Künstler-Fotografen wenig opportun ist, nach Schönheit und Vollkommenheit Ausschau zu halten und zum anderen, weil es Landschaft bzw. Natur, ohne menschliche, also kulturelle und geistige Zutaten kaum noch gibt. Und diese Zutaten sind selten schön, noch weniger vollkommen.

Aber gerade das ist Feigels Metier, daran misst er sich. Was ist heute Schönheit und Vollkommenheit einer Landschaft? Gibt es sie überhaupt noch? Wo berühren sich die Weltseele und die menschliche Seele? Und wie sieht das Ergebnis dieser Begegnung aus?

Mario Feigel Fotografie - LandschaftenFeigels Landschaften sind Werke von eigener Schönheit – und dies gilt für alle seine Werke. Sie leben aus sich heraus, atmen aus ihrer eigenen Seele, wie übrigens alle gute Kunstfotografie.

Wir kennen diese Wintertage, an denen der Himmel in geschlossenem Grau über uns steht, die Natur bewegungslos sich vor uns ausbreitet, Druck auf Auge und Stimmung liegt.

In beiden Aufnahmen oben liegt dieses deprimierende Grau über der Landschaft und doch ist sie von einem unglaublichen Lichtspiel durchdrungen. Als wäre sie im Zeitraffer über Stunden fotografiert. Was sie aber nicht ist, mitnichten!

Licht und Schatten spielen im Foto links, ringen rechts miteinander und es erscheint, als sähen wir die Landschaften wie in einer Filmaufnahme. Wie irisierendes Nordlicht scheint die Sonne im Spiel mit der Landschaft, mal gibt sie weite Teile der Landschaft frei, mal deckt sie sie fast vollständig zu, verschwindet Landschaft und menschliches Werk in ihr im Nichts.

Das Nichts ist was Sein enthüllt wie das Verborgene, Abgründige, Undifferenzierte Neues ermöglicht. Damit spielt Feigels Werk, nicht nur seine Landschaften. Allein in diesen vier Landschaftaufnahmen weist Feigel uns auf die grundlegenden Fragen der platonischen Philosophie nach dem Werden und Vergehen, nach Sein und Nichtsein. Und gleichzeit, wie in der ersten der hier abgebildeten Landschaften zeigt Feigel etwas von der ständigen Kraft der Erneuerung, dem unaufhörlichen, schöpferischen Spiel der Natur im Werden und Vergehen.

Mario Feigel Fotografie - LandschaftenPhantastisch diese Formen und Gebilde, die wir in der Zeit der Schneeschmelze zu sehen bekommen. Von schier grafischer Dichte und Reduktion und schon ein paar Augenblicke später haben sich diese Formen wieder verändert, irgendwann gänzlich aufgelöst.

Und dann dieses Spiel zwischen Natur und Mensch, mit Natur und Mensch als Inter-Akteure.
Bäuerliche Bodenbearbeitung zeichnet grafische Spuren in den Schnee von dessen befestigten Rändern gleichsam nach magischen Kräften sich Klumpen lösen, herabrollen und eigene Spuren in das Muster einzeichnen.

Wer ist hier bildnerisches Subjekt, wer Zeichengeber? Mensch und Natur begegnen sich nicht nur, sie beeinflussen sich, überzeichnen einander in ständig sich ändernden Formen und ihren eignen Alphabeten, transformieren Landschaft-Maschine-Architekturen wie im Kinderspiel oder in Künstlerlust zu neuen Gewerken.

Der Grad zur Überästhetisierung ist schmal, besonders bei Landschaftsfotografie, wie sie Feigel versteht. Eine Spur im Boden, dahinter zwei gefällte, abgeschälte Stämme, vorher ein winziger Farbpunkt am Stamm der Tanne markieren Verletzungen, Ausbeutung durch den Menschen. Oder wie unten in partiellen Farbfeldern. Keine dramatische Sicht, ganz subtil, fast nur angedeutet, aber deshalb nicht weniger signifikant verbinden sich das Fragile und das Monströse, die Schönheit der Natur und die kalte Technik der Zerstörung in manchen Werken von Mario Feigel wie hier.

Mario Feigel Fotografie - Landschaften

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