Homo ludens
Heinz Hausmann ist ein konzeptueller Künstler.
Seine Arbeiten beschäftigen sich unter anderem mit der medialen Präsentation von Botschaften, z. B. von Werbung sowie von Sportereignissen, die er kontextuell in Collagen, Zeichnungen und Malerei transformiert.
Zeichnen, das an und für sich schon selbst diese Nähe zur konzeptuellen künstlerischen Arbeit besitzt, ist sein sein favorisiertes Mittel, seiner Malerei jene transformellen Ebenen zu verleihen, die seinen künstlerischen Stil so kennzeichnen.
Das Wechselspiel zwischen figurativer und konzeptueller Kunst, das in seinen Transformationen entsteht, zeigt sich z. B. in seiner Serie: Springer auf E6 (ebenso, wie in seinen „Bodenarbeiten“).
Die Grenze zwischen figurativer und Konzeptkunst überspringen.
E 6, das sind Figuren eines Schachspiels, gezeichnet und koloriert auf Quittungsbögen des u.a. von Künstlern und Kreativen beliebten „Olio“ in Düsseldorf und gleichsam Dokumente ihrer Anwesenheit, ihres Verzehrs, vielleicht auch ihres Zustandes nach dem Besuch.
So geht Hausmann gerne mit seinen Kollegen, seinen Mitmenschen und den Dingen um: auf gar keinen Fall in einer abgehobenen, künstlerischen Distanzierung, sondern eher echt – 6 Wein, Salat, Nudeln, 4 Expresso etc. – nicht selten mit tiefgründigen Humor, manchmal auch schräg und verspielt, aber immer mit durchdringender Intellektualität.
1966. Ein Jahr des Übersprungs.
Dass Malerei bzw. Kunst und intellektuelle Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Leben im Detail keine Mühe bereiten muss, im Gegenteil, das sieht man in seinem grandiosen Buch-Werk 1966.
Hausmann „überarbeitet“ darin einen Bilder-Sammelband, den man 1966 zur Fußball Weltmeisterschaft in England überall an Aral Tankstellen käuflich erwerben konnte (teilw. auch als Geschenk zur Kundenbindung erhielt).
In diese durch die Fußball Weltmeisterschaften und ihren Bildern wie Berichten dominierten Zeitphase klebt, zeichnet, malt, radiert, schreibt, kalligrafiert Hausmann Dokumente, Zeichen, Namen etc. aus dem gleichen Jahr.
Dort stehen dann Bilder der Mannschaft und den Einzelspielern neben Urlaubsorten, die Hausmann damals mit seiner Familie besuchte.
Neben den Waden der deutschen Fußballspieler zitiert Hausmann aus James Joyce. Neben den Stars der Mannschaft kleben die damals aktuellen Werbekampagnen mit deren key visuals und daneben wiederum die Werke von Warhol, Stella, Richter und vielen anderen mehr. Zitate von Beckett kommunizieren mit Comics usw.
Ein grandioses Zeitdokument gegen das Vergessen, gegen den medialen Alleinherrschaftsanspruch. Konsequenterweise betreibt Husmann natürlich auch noch eine Webseite zur kollektiven Fußball-Wette unter: Webseite Hauswetten
Der Wahrheit unter den Rock geschaut.
Heinz Hausmanns „Detailansichten“ thematisieren die Dinge eines Jungenzimmers, Spielzeuge in jugendlichen Vorstellungswelten, die wie Meteoriten im freien Raum kreisen und Phantasien von Crashs, von Geschwindigkeit, Krieg, Fliegen freigeben.
Der freigelassene Geist der Kindheit in seiner Analogie zum Spiel, zu seinem Kosmos der vielfältigsten Möglichkeiten steht schon in den Strukturen und Einschränkungen eines späteren Systems, einer Wirklichkeit, die sich früh schon ihren Weg bahnt, ohne Wissen der Beteiligten.
Hausmann zeichnet gern. Mit Liebe zum Detail. Mit ganz feinem Strich. Zeichnen, das war und ist für ihn immer auch ein Ausprobieren, Suchen, Forschen nach Strukturen, Bildern und Klischees, die unsere Vorstellungen von der Welt, in der wir leben, mitzeichnen.
Und da er kein Wissenschaftler ist, gilt sein Forschen allen Vorstellungen und weil er zudem die Gabe des Zeichnens und Malens gerne ganz ausschöpft, sehen wir so oft auch die heiteren Seiten seiner fröhlichen Wissenschaft, wie als würden wir in dieses verschmitzte Gesicht eines Jungen schauen, der, nachdem er den Mädchen unter den Rock geschaut hat, nun die Welt mit ganz neuen Augen sieht.
Den ’60gern entsprungen.
Kunsthistorisch ist das Werk von Heinz Hausmann einer neuen konzeptuellen Kunst zuzurechnen.
Konzeptkunst ist eine in den 1960er-Jahren durch den amerikanischen Künstler Henry Flynt geprägte Bezeichnung für eine moderne Kunstrichtung, die ursprünglich aus dem Minimalismus sich entwickelte und den Gedanken bzw. die gedankliche Auseinandersetzung für die Bedeutung eines Kunstwerks als vorrangig erachtete und auch so unterschiedliche Kunstrichtungen wie Objektkunst oder Happening miteinschloss.
Sicherlich war Marcel Duchamp ein künstlerisches Vorbild und spiritus rector dieser Bewegung. Er grenzte seine Kunst, wie er formulierte, von retinaler Kunst ab, die überwiegend über das Sehen und damit über das Auge wirkt, statt über die Vorstellungen oder Bedeutungen im Denken des Künstlers.
War Konzeptkunst im vergangenen Jahrhundet oft spröde, intellektuell bis sogar elitär und erschloss sich gelegentlich erst durch mühevolle Auseinandersetzung mit dem Künstler und seinem manchmal hermetischen Denken, so ist davon zu unser aller Vergnügen bei Heinz Hausmann wenig trockenes Gedanken-Investment von Nöten.
An einige der Avant-Garden der 1960er Jahre werden wir bei Hausmann gerne erinnert. Vor allem an Fluxus z. B. oder die Malerei von Robert Ryman. An die Skulpturen von Robert Morris, Carl Andre, Robert Smithson’s. Oder die herrlichen Fotobücher von Ed Ruscha, sogar an die Kunstzeitschriften wie Artforum und Avalanche, Parachute, Flash Art und Art Press.
Avant-Garde ist Hausmann mit Sicherheit auch heute noch. Wie schön. Heute, wo die gedankliche Arbeit eher weniger Wertschätzung erhällt, ist sein Werk trauriger Trost, fröhliche Wissenschaft, spitzbübischer Humor, nachdenkliche Anarchie und Neugierde an den Dingen des alltäglichen Lebens.
Obwohl sein Ausstellungsverzeichnis lang, seine Anerkennung beachtlich ist (Er wird in Düsseldorf von einigen Künstler-Kollegen als „Künstler Künstler“ hochgeschätzt.), liegen die Werke von Heinz Hausmann noch im moderaten Preissegment. Sammlerinnen und Sammlern tut sich hier eine große Gelegenheit zum Aufbau einer Sammlung mit beachtlicher Perspektive auf.
Hier sehen Sie einige Seiten des wunderschönen Buchs über die Fußball-Weltmeisterschaft ’66 von Heinz Hausmann mit dem Titel: 1966. Das Buch ist käuflich zu erwerben.