Torsten Paul

Brücke über Genres

Maler – Zeichner – Bildhauer

Torsten Paul - Malerei - überdacht

Räume, Körper, Objekte. Das sind die Dinge, mit denen sich ein Bildhauer beschäftigt. Mit Dreidimensionalität. Aber die hat Torsten Paul auch vor Augen, wenn er zeichnet, wenn er malt. Die natürlichen Materialien eines Bildhauers sind Steine. Bei Torsten Paul hauptsächlich Marmor. Carrara Marmor, dessen feiner, schneeweißer Staub, der die wohl nachhaltigsten Eindrücke am Beginn seiner Bildhauer-Karriere hinterlasssen hat, wiederum den Zeichner Paul inspiriert, dessen farblose, opake Oberfläche als Weiß in der Zeichnung durch Ausparung, durch räumliche Grenzen überhaupt erst eine Fläche, eine Kontur, einen Gegenstand erscheinen läßt.
Zeichnen kann man nicht mit Weiß, Weiß entsteht aus dem Schatten heraus. Wie bei der Bildhauerei muss der Zeichner sich Weiß in den Raum einbilden. Nur durch die Bearbeitung des dreidimensionalen, des perspektivischen Raumes entsteht ein weißes Gebilde wie etwa ein zum Trocknen über die Straße gespannten Bettlaken, ein Frauenakt, eine dörfliche Straßenszenerie.

Torsten Paul - Skulptur

Torsten Paul - SkulpturAls vor etwas weniger als einhundertfünfig Jahren Auguste Rodin seiner ersten, bedeutenden Statue den Namen“ Das eherne Zeitalter“ gegeben hatte, wogte sogleich eine Diskussion unter Künstlern und in Fachkreisen hoch, ob denn dieses Erstlingswerk moderner Skulptur überhaupt noch Kunst, oder nicht eher „ein Stück Natur“ sei; welch ein Missverständnis?

Rodins glatte, polierte, malerisch in den Umgebungsraum fließende Oberflächen waren nicht mehr heroischer Ausdruck antiker Statuen, sondern heroische Werke des Künstlers selbst, aus dem Block von Stein herausgeschlagene Schönheit menschlicher Transformation natürlicher Stoffe und Materialität.

Gegen die Überästhetisierung setzte Auguste Rodin den Torso, also die partielle Auflösung der geschlossenen, körperlichen Form. Gegen die an die Körper gebundene Grandezza, Anmut und Habitus wirkte Rodins pathetische Idee körperlicher Schönheit als rein von menschlicher Abstraktion in den Stein gebildete Form.
Dem rohen Stein ewig Menschliches einzubilden leitete Rodins Pathos und Dynamik seines Wirkens gegen das rohe Material.

Die Skulpturen von Torsten Paul wollen sich weder diesem tradierten Pathos der Bilderhauerei widersetzen, noch sich von der Dynamik der Formgebung loslösen. Der Torso ist ebenso eine in Pauls Werk wiederkehrende Form wie glatt polierte Oberflächen. Seinen Skulturen aber sind im Einzelnen wie im Kontrast verscheidener zueinander eine sichtbare tektonische Gelassenheit eigen, die bisweilen sogar das solitäre Material Stein überschreitet und mit Holz in Zusammenhang bringt.

Torsten Paul - Skulpturen - Vor dem BadeDen glatten Oberflächen kontrastieren rauhe bis so belassene Flächen, wie Paul sie vorfindet im Stein, bei manchen sieht man deutlich die Schläge und Kratzspuren seiner Arbeit und Werkzeuge, andere haben sich ganz von den Körperformen abgelöst und zu reinen, abstrakten Formen versinnlicht, fast wie reine Design-Objekte. Schwung, Segel nennt Paul solche Objekte, oder Ginko.

Marmor ist doch kein Brennholz fragt Paul fast spielerisch naiv, um seiner Idee der autonomen Plastik Ausdruck und gesonderte Aufmerksamkeit zu verleihen. Hier begegnen sich Abstraktion und sinnlicher Moment neuer Schöpfung, primitivistischer Stil und „Taille directe“ in freier, eigenständiger bis eigenwilliger Schöpfung vollplastischer Figuren.

Mehr als eine an sich schon schwer zu bestimmende ästhetische Qualität zählt für Paul der Charakter des plastischen Werkes und ganz nebenbei wirken einige wie die berühmten „Objets trouvés“ von Marcel Duchamps und den Künstlern der „ready mades“, hier gemeint in dem Sinne, als seien es Ausgrabungsfunde antiker Plastiken, denen die Zeit zu Leibe gerückt war.

Weder klein noch facettenreich ist die plastische Formensprache von Torsten Paul. Bis auf die überraschend neugeordneten Zusammenstellungen etwa von Marmor und Holz ist das Oeuvre eher konstruktivistisch – was man sehr genau in seinen Zeichnungen sehen und detailliert rekonstruieren kann – oder formvollendetes Handwerk in Stein und Bronze.

Überlange, dünne, fast zerbrechlich wirkende Figuren – Rückentorso, vor dem Bade oder schlanker Torso – variieren das Thema der Auflösung körperlicher Volumina in vertikalen Formen. Formale Auflösung architektonischer Räume finden wir auch wieder in den Zeichnungen, besonders im Tusche-Aquarell-Zyklus: FAGUS-Werk., wobei der konstruktivistische Stil hier wohl am ausgeprägesten zur Erscheinung kommt.

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