Venlo

Kaffeefahrten gestern und heute

Eine Fahrt zu unterschielichen Genüssen.

Venlo - Niederlande

Venlo - NiederlandeUnsere Eltern gingen auf Kaffeefahrt. Vor dem Abbau der Zoll- und Währungsschranken in der Europäischen Union gab es erhebliche Preisvorteile bei Waren mit besonderen Steuersätzen wie Dieselkraftstoff und Kaffee, so dass vor allem an deutschen Feiertagen es regelmäßig lange Schlangen an den Grenzen, an Tankstellen und Kaffeläden gab. Durch Volltanken plus ein paar Reservekanister, ein paar Pfund Kaffee und ein paar Stangen Zigaretten hatten Papa und Mama einen schönen Ausflugstag mit Essen und Trinken und kamen mit einem satten Plus im Portemonaie wieder zurück nach Nordrhein-Westfalen.
Daran anknüpfend hat sich in Venlo ein großer und vielfältiger Einzelhandel etabliert. Seit Abbau der Grenzen existieren besondere Preisvorteile kaum noch, aber für Millionen Deutsche besonders aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet ist Venlo nach wie vor ein beliebtes Ziel für Tagesausflüge, da es die oft nächstgelegene ausländische Stadt ist.

Die Kids hatten und haben andere Genüsse im Sinn. Sie gingen dem leicht süßlichen Duft zielgerichtet in die Coffeeshops nach, wo es nicht nur Kaffee gab; eher keinen. Dafür gelben, schwarzen, roten Stoff aus dem die Träumer der Jugend von NRW waren und die man zuhaus mit Gewinn in Düsseldorfs Altstadt z.B. vertickern konnte. So hatten nicht nur Mama und Papa, sondern auch die Jungs und Mädels (eher Jungs) ihr Ausflugsvergnügen nebst luckrativem Nebenverdienst im kleinen Grenzverkehr. Die Eltern wundern sich wahrscheinlich heute noch, warum die KIds so bereitwillig mit auf die Reise ins Nachbarland gingen. Nun, lest das und das Rätsel ist endlich gelüftet.

Venlo - NiederlandeNoch im Jahr 2009 besuchten täglich 5.900 Cannabiskonsumenten die sogenannten Coffeeshops in Venlo, darunter 66 Prozent Ausländer, überwiegend aus Deutschland. Zuvor hatte die Stadt 2001 im Rahmen des Projekts Hektor etwa 200 illegale Läden geschlossen – eine runde Zahl; nicht wahr? – und zwei lizenzierte Läden mit Autobahnanbindung unmittelbar an die deutsche Grenze verlegt, so dass in der Innenstadt seitdem nur noch drei Coffeeshops geduldet werden. Aber der Cannabis-Trade fand schnell neue Locations; was der Administration auch bald auffiehl.

Seit dem 1. Mai 2012 wurden Cannabisprodukte vorübergehend auch in diesen Coffeeshops nur noch an Inhaber eines Berechtigungsnachweises (sog. Wietpass) verkauft, der einen Wohnsitz in den Niederlanden und eine behördliche Registrierung voraussetzt. In der Folge schlossen die beiden direkt an der deutschen Grenze gelegenen Coffeeshops.

Venlo - NiederlandeSeit 2013 wird auf Beschluss des Gemeinderates in den verbliebenen drei Coffeeshops der Verkauf von Haschisch und Marihuana bis zu einer Höchstmenge von fünf Gramm pro Tag und Person auch wieder ohne Wietpass geduldet; man sieht, der Holländer ist seit dem Jahr 1602 als niederländische Kaufmannskompanien sich zur Niederländischen Ost-Indien-Kompanie zusammenschlossen, eben ein Volk von Händlern geblieben, auch wenn der alten Überseehandel mit Gewürzen und exotischen Genüssen mittlerweile etwas zurückgegangen ist.

Heute kommen die alten und jungen aus NRW nicht mehr nur des Kaffees und des Cannabis‘ wegen, ein paar holländische Pommes mit leicht säuerlicher Mayonnaise, dazu ein paar Heineken Bier, ein Joint auf die Schnelle und eine Bluse für die Frau Mama nebst einem halben Kilo Gouda in allen Reifestufen tun es auch; meistens.

Viele kommen heute hierher, um auf der Maas zu segeln; übrigens, ein wirklich tolles Revier für Sportschiff-Enthusiasten. Anschließend einen Besuch der holländisch herausgeputzten Altstadt von Venlo macht den Törn mal so richtig rund. Und dann am Abend sieht man die Grüppchen abgetakelter Sennmanschaften gen Parkplatz torkeln und der der in der Gruppe stramm aufrecht schreiten, der war der Skipper und ist jetzt der Fahrer. Ja, so ist die fröhliche Seemanschaft aus NRW und ein guter Rat sei an dieser Stelle niedergeschrieben: seid bloß vorsichtig auf dem Wasser mit dem Allehol, da kennt der oude Gouda in Uniform kein pardon!

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