Amsterdam

Von Kais zu Grachten

Hau bloß ab nach Amsterdam

In den Kais von Amsterdam // essen Matrosen zu heiß // an Tischen, sehr weiß // fette Fische im Tran // und sie zeigen // Zahn um Zahn // eine triefende Lust // und der Mond, wie ’ne Brust // strahlt ihr Vorderschiff an // und es stinkt nach Kabeljau // bis in die Fritten hinein // und die Hände stopfen rein // damit nichts anbrennt oder fault // danach stehen sie lachend auf // so wie eine Welle platzt // schließen ihren Hosenlatz // und gehen rülpsend raus
(Lyrics: Klaus Hoffman)

Amsterdam-Panorma
Abhauen nach Amsterdam; das galt in den späten sechziger und am Anfang der siebziger Jahre für viele der jungen Generation. Die ersten Cofeeshops hatten eröffnet, nur hießen die damals noch nicht so. Man bekam Haschisch aus Afghanistan, Trips jeder Art und auch, wenn man wusste wo, Kokain, als in der BRD noch nicht einmal die Polizei wusste, was Drogen sind.

Man kleidete sich ein am Waterlooplain mit Seefahrer-Hosen und Hemden aus der Generation der Großväter, erkannte sich an gürtellangen Haaren als die guten Mädchen Faltenröcke trugen und man Käseigel aß. Manch einer machte damals nach dem Besuch eines Coffeeshops einen im Rot-Licht-Viertel zwischen der Centraal Station, Nieuwmarkt und Dam und dort seine ersten sexuellen Erfahrungen für kleine Gulden, als in der BRD Sex noch eine Angelegenheit zwischen Bienchen und Blümchen war.

Sie hörten Eric Burdon, The Taste mit Gallagher, Pink Floyd, Hendrix, Joplin und die Stones; Fans der Beatles waren weit und breit nicht zu sehen. Man sah Paare im Cafe Americaine am Leidsekade – früher Leidseplein sich leidenschaftlich küssen, als zuhause die Eltern bei „Mach’s noch einmal Sam“ in Ricks Cafe an vergangene Zeiten sich erinnerten und küssen in der Öffentlichkeit, gar in Gaststätten noch bei Strafe verboten war.

Dort unter dem Hotel Americain, wo einst Schrifsteller und Künstler im Art Deco dachten und tranken, wo Mata Hari ihre Hochzeitgesellschaft empfing und Klaus Mann Passagen des Mephisto schrieb, trafen sich deutsche Intellektuelle, die auf der Flucht vor den Nazis hier Unterschlupf fanden. Hier hätte niemand leidenschaftliche Küsse gerügt, sich geräuspert oder gar verboten.
Nie war es ein Problem, in Amsterdam bei Studentinnen und Studenten ein Bett für die Nacht zu finden, als es in der BRD noch den § 175 gab, der als sog. Kupplungsparagraf verhinderte, dass zwei oder mehr junge Männer oder ein Paar unter achtzehn eine Wohnung mieten konnten.

Amsterdam, HollandAmsterdam, das war in den sechziger Jahren dieser freie Geist, die fast schon avandgardistische Kultur, zumindest in Teilen der Stadt und die sprichwörtliche Weltoffenheit, die man in der BRD selbst nicht in Berlin, nur noch in Swinging London antraf. London und Amsterdam, beides Hafenstädte, beide im großen Welthandel erfahren. Bevor Amsterdam im Handel erblühte, war es ein Dorf, umgeben von feuchtem Gebiet,  hauptsächlich Moor und Sumpfland und den Unbillen der  Zuidersee ausgesetzt, die noch direkt verbunden war mit der schäumenden Nordsee und ihren verheerenden Sturmfluten.

Als um 1580 die Spanier die Portugiesen einverleibten begannen die Holländer selbst Schiffe zu bauen und die Route nach Indien zu befahren. Kaum dreißig Jahre später  entstand die Vereenigde Oost-Indische Compagnie (VOC) und die schickte von Amsterdam aus ihre Flotte zu den Ländern des Pazifikraums und nach Indien.

Amsterdams goldene Zeit begann und in ihren Lagern und Häfen stapelten sich Seide und Gewürze sowie Kostbarkeiten aller Art aus Übersee. Die Handelshäuser wurden an 165 Grachten gebaut, schmal und hoch, wegen der Steuer, die sich nach den Front-Metern zum Wasser hin berechneten. Über 7.000 standen dort damals, über 1.300 Brücken zählte die Stadt, hunderte von prächtigen Kaufmannshäuser buhlten ums Prestige ihrer Erbauer und Besitzer.

Vieles, sehr viel davon ist bis heute erhalten und die Altstadt von Amsterdam immer noch die größte Altstadt Europa und auf der UNESCO Liste des Weltkulturerbes.

Das Venedig des Nordens

Diese Bezeichnung stimmt in vielerlei Hinsicht. In Hinsicht des Übersee-Handels hat Amsterdam gegenüber der italienischen Handelsmetropole kaum das Nachsehen. Sogar in Bezug auf die Bauweise der Stadt ist vieles vergleichbar. Amsterdam steht wegen des feuchten, sandigen Untergrundes auf rund fünf Millionen Holzpfählen. Der Hauptbahnhof allein auf rund 8.600 und der Königliche Palast auf mehr als13.500 Pfählen. Und da das flache, sandige Friesland und seine Böden kaum bauverwertbares Holz hergaben, holte man für die Stadt, für Brennholz und den Schiffsbau die harten Hölzer aus dem Franken- und dem Schwartzwald mit Flößen hierher.

Zuiderkirche Amsterdam HollandWestkirche Amsterdam Holland Interessant an und in der Stadt ist vieles, mehr als man hier aufzählen könnte. Hunderte, ja Tausende von Gebäuden sind historisch wertvoll und für Besucher sehenswert.

So z. B. der Begijnhof mit Almshäusern aus dem 14. Jh. Das Haus mit der Nummer 34 aus dem Jahr 1470 gilt als ältestes Holzhaus der Niederlande.

Dann das Munttoren – Münzturm – das historisches Zollamt oder das Paleis op de dam,  der Königliche Palast am Dam  sowie Schreierstoren und Montelbaanstoren, erster  ein historischer Wehrturm, letzterer ein historischer Wartturm; allesamt einen aufmerksamen Besuch wert.

Dazu einige bedeutsame klerikale Bauten wie die Zuiderkerk und die Westkerk. Mehr Informationen zu den historischen Bauwerken finden Sie in der Sidebar rechts.

Amsterdam. Und heute?

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Amsterdam versprüht noch immer den freien Geist der alten Tage, ist eins der kreativen Zentren Europas und lebenswert in seinen engen, historischen Vierteln. Die Wochen-, Tages- und Blumenmärkte in De Pijp, an der Singel und in der Dapperbuurt sind großartige Erinnerungen an das vitale Handels-Flair, das diese Stadt, ihre Kultur und die Seele ihrer Bürger maßgeblich geprägt haben.
Sehr schön, aus sehr persönlichen Gründen, finde ich nach wie vor Waterlooplein.
Touristen lieben die sogenannten Neun Straßen, ein Wohnviertel mit vielen kleinen Geschäften, hippen Bars und trendigen Restaurants.

Grafitti, Amsterdam, HollandGay Pride, Amsterdam, HollandAmsterdam ist vielleicht die Haupstadt des Graffitti, gleichwohl die Amsterdam Szene von der New Yorker Writingbewegung, die mit der Hip-Hop-Szene in Verbindung stand, nicht unerheblich beeinflusst worden ist.

So kann man aber ruhigen Gewissens heute sagen, dass seit dem Anfang der 1980ger Jahre der Einflussy der vom europäischen Punk inspirierten Sprayer aus der niederländischen Haupstadt auf die Sprayer weltweit stilistisch und auch inhaltlich nachvollziehbar ist.

Und wenn Amsterdam seinen Geist und sozial-bewegenden Drang in Europa und weit darüber hinaus hinterlassen hat, dann als Haupstadt der Schwulen-Bewegung.

Schon in den Jahren 1955 und 1958 eröffneten in Amsterdam zwei damls noch Tanzdielen genannte Diskotheken für Homosexuelle. De Schakel am Leidseplein und  De Odeon Kring gelten als die Speerspitze der sexuellen Revolution, die glücklicherweise in der Stadt auf jene politisch liberale Einstellung traf und diese zur Schwulen-Haupstadt Europas hat avancieren lassen.

Neben dem berühmten Christopher Street Day (CSD), der alljährlich in New York am letzten Samstag des Juni im Stadtteil Greenwich Village stattfindet gibt es  seit 1996 die Amsterdam Gay Pride, eine Canal Parade, welche am ersten Samstag im August in der Prinsengracht und Amstel stattfindet.
Auch in beinahe jeder größeren Stadt in Deutschland gibt es heute einen CSD, die größten in Köln, Cologne Pride, und in Berlin.

Amsterdam, HollandAmsterdam für Normalos und Ausgeflippte.

In Amsterdam finden jedes Jahr dutzende große Events und Partys statt. Hier nur ein winziger Auszug aus einer meterlangen Liste:

5 Days Off – Der wahrscheinlich lauteste Event des Jahres in Amsterdam. Elektronische Musik tönt fast eine Woche lang aus verschiedenen, über die Stadt verteilten Locations.
Webseite 5 Days Off.

Koninginnedag – Königinnentag. Einen Tag vor dem niederländischen Nationalfeiertag am 30. April.
Straßenfeste, wilde Partys und Konzerte.

Am Königinnentag selbst ist auf den Straßen fast noch mehr los, da jeder verkaufen darf, was er will – noch dazu steuerfrei.
Am besten feiert man in den Vierteln Jordaan, Rembrandtplein und im Zentrum.

Amsterdam, HollandTaste of Amsterdam – Zwölf der besten Restaurants kochen vier Tage lang unter freiem Himmel und servieren im Amstelpark ihre Gourmet-Menüs. Webseite Taste of Amsterdam.

Grachtenfestival – über 90 Konzerte, die allesamt auf dem Wasser oder zumindest ganz in der Nähe davon gegeben werden. Webseite Grachtenfestival.

Europerve – Modeschauen, DJs und andere Acts. Unanständige Spielereien, die auf Wunsch auch in einer Arena vor Publikum ausgetragen werden. Kleidung aus Leder, Latex oder anderen Kunststoffen sind dabei ein Muss. Kann Outsider schwer aus der Fassung bringen! Webseite Europerve.

Amsterdam Dance Event – größter Clubbing-Event der Welt. Am Tag finden bis in die frühen Morgenstunden über ganz Amsterdam verstreut Konferenzen und Workshops statt. Am Abend sorgen ca. 400 internationale Acts und DJs für Partystimmung. Webseite Amsterdam Dance Event.

High Times Cannabis Cup – völlig gaga. Schiedsrichter prämieren den „ausgefallendsten Stoff“. Schiedsrichter kann jeder werden, für ca. €220,- Es gibt Tipps für den Anbau, Party und jede Menge Musik. Stimmung entspricht oft der Wirkung der gekifften Joints. Webseite High Times Cannabis Cup.

Für alle, die es nicht ganz so schrill, extrem oder laut möchten, bietet sich dann doch eher der er Rembrandtplein für einen entspannten Abend an. Dort finden Sie Theater, Kinos sowie viele Restaurants und Gaststätten.  In der Nähe des Leidseplein befinden sich Diskotheken und das Holland Casino für Glücksspieler, beide Straßen gehören zu den bekanntesten und beliebtesten Ausgehviertel der Stadt.

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