Schwerin – Teil 2

Hexen im Schloss

Schwerin - Mecklenburg-Vorpommern

Schwerin - Mecklenburg-VorpommernSchwerin - Mecklenburg-VorpommernDie dunkle Seite der Stadt

Schwerin ist alt, Schwerin hat eine lange Tradition und nicht alle Seiten der Stadtgeschichte glänzen wie dies das heutige Stadtbild erscheinen läßt. Bei Ausgrabungen auf dem Schweriner Marienplatz fanden sich Werkzeuge, die auf etwa 1000 bis 600 v. Chr. datiert wurden und so die lange Besiedelungsgeschichte belegen.

Ein neuerer Fund an einem Brunnen in der Stadt, dessen Alter und Bestimmung eine germanische Siedlung aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. belegt, schloss die Lücke zur Zeit vor dem frühen Mittelalter, als vor allem slawische bzw. elbslawische Völker hier siedelten.

Das Mittelalter war auch für Schwerin eine bewegte Zeit. 1160 brannte der Abodritenfürst Niklot – die Abodriten oder Obodriten waren ein elbslawischer Stammesverband, der vom 8. bis zum 12. Jahrhundert auf dem Gebiet um Wismar und Schwerin ansässig war – die Burg auf der Schlossinsel nieder, um sie nicht in die Hände eines anrückenden sächsischen Heeres unter der Führung Heinrichs des Löwen fallen zu lassen. Aber vergebens.

Der Sachsenherzog Heinrich der Löwe ließ die Burg nach dem Sieg über Niklot als sächsischen Außenposten im Abodritenland wieder aufbauen. Das Jahr 1160 wird deshalb traditionell als „deutsches“ Gründungsjahr Schwerins angesehen, obwohl die Verleihung der Stadtrechte wahrscheinlich erst vier Jahre später erfolgte.

Ein bedeutendes Geschichtsdatum ist auch das Jahr 1167, in dem der Zisterziensermönch Berno seinen Bischofssitz nach Schwerin verlegte. Nach der Weihe des von Heinrich gestifteten ersten Doms um 1171 entwickelte sich Schwerin zum Ausgangspunkt der Christianisierung des späteren Mecklenburgs, wobei auch das Münster von Bad Doberan eine gewichtige Rolle mitspielte. Wismar hatte zu der Zeit knapp 500 Einwohner, von denen ein Fünftel Geistliche waren und für uns kaum vorstellbar, wie eine Stadt mit einer so kleinen Population so große historische und kulturelle Bedeutung erlangen konnte.

Schwerin - Mecklenburg-VorpommernWie so oft auch an anderer Stelle spielten dabei Reliquien eine mit entscheidende Rolle. 1270 z. B. wurde mit dem Bau eines zweiten Domes in Wismar begonnen, dessen Finanzierung aus den Einnahmen von Pilgern, die einen in Jaspis eingeschlossenen heiligen Blutstropfen aufsuchten, den Graf Heinrich von Schwerin 1222 von einer Pilgerfahrt mitgebracht und den Domherren gestiftet hatte, bestritten wurde.

Von einem Drittel der Einnahmen aus dieser Reliquie wurde auf Betreiben der Witwe des Grafen, Gräfin Audacia, der Neubau eines Franziskaner-Konventes finanziert, der schon 1236 urkundlich erwähnt wurde und damit die älteste Niederlassung eines Bettelordens in Mecklenburg dokumentiert.
1246 gründeten die Gräfin Audacia und ihr Sohn, der spätere Graf Gunzelin III. von Schwerin, ein Zisterzienserinnenkloster in Zarrentin am Schaalsee, das knapp dreihundert Jahre bestand, bevor es 1552 aufgelöst wurde, zwar wenig weltliche, aber durchaus „geistlichen“ Einfluss bei der Christianisierung Mecklenburg-Vorpommerns erreicht.

Schwerin - Mecklenburg-Vorpommernschwerin (64)schwerin (89)Zur Christianisierung gehört aber auch das vielleicht dunkelste Kapitel der christlichen Religion, die Hexenverfolgung. Allein in den Jahren zwischen 1560 und 1700 wurden in Mecklenburg rund 4000 Menschen wegen Hexerei angeklagt, von denen etwa die Hälfte, also 2000 Menschen hingerichtet wurden.

Die Schweriner Hexenprozess-Verhöre fanden im Rathaus am Markt, im Schloss und im Haus des Scharfrichters in der Burgstraße statt, wobei sich die Intensität der Verfolgung und Verhöre nach dem Dreißigjährigen Krieg noch einmal deutlich steigerte.

Von 1564 bis 1770 gibt es Berichte über 103 Hexenprozesse in der Stadt und man geht davon aus, dass davon  wahrscheinlich 45 Angeklagte hingerichtet wurden. Eine Frau verstarb bereits unter der Folter.

Allein zwischen 1665 und 1669 wurden 19 angebliche Hexen in Schwerin verhaftet. Zu dieser Zeit war es durchaus üblich, einen kurzen Prozess mit den Anklagten zu machen. Dies erreichte die Inquisition mit äußerst brutalen Verhören und an Grausamkeiten kaum nachvollziehbaren Foltermethoden. Von den 19 Angeklagten und derart erzwungenen Geständnissen wurden alle hingerichtet und verbrannt.

Schier unvorstellbar waren die komplett geisteskranken, pathologisch nicht zu überbietenden, grausamen Glaubenseifereien bei der Erfindung von satanischen Machenschaften. So wurden sogar in einem Fall mehrere Frauen aus Schwerin, 1604,  angeklagt ob einer Anschuldigung, die über 12 Jahre zurück lag, nämlich im Jahre 1592 den Tod des jungen Herzogs Johann VII. durch Hexerei herbeigeführt zu haben und endeten bis auf wenige Ausnahmen alle auf dem Scheiterhaufe.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass nicht alle Prozesse mit dem Tod durch Folter und Scheiterhaufen endeten, wie im o.g. Fall in Person der Margarethe Schultze, die nach einem fünf Jahre währenden Prozess 1609 freigesprochen wurde. Einige, aber eher wenige, wurden nach der Folter des Landes verwiesen, selten gelang die Flucht.

Eine geradezu konjunkturelle Ausweitung der sadistischen Glaubensinquisition wurde durch die sog. Kettenprozesse erreicht. Denn unter der Folter nannten viele der gequälten Frauen dem Gericht auch die Namen weiterer Hexen, die nur ihrerseits angeklagt wurden. Auch Kinder zählten zu den Opfern in Schwerin. 1642 wurde der achtjährige Hans Donken (Hans Douke) wegen Zauberei ausgepeitscht. Asmut Veith wurde mit vierzehn Jahren gar enthauptet.

Kann man diese Grausamkeiten im Namen des christlichen Glaubens wirklich überwinden? Ist Genüge getan damit, wenn die Stadtvertretung von Schwerin 2016 die Rehabilitation der Opfer der Hexenverfolgung und die Installation einer Gedenktafel in Rathausnähe beschließt?

Nun, zum Glück, ist die Zeit der Hexenprozesse vorbei, die Folterkeller im Schloss sind geschlossen bzw. die Folter der Schweriner Bürger übernimmt nun dort der Landtag mit seinem Finanzminister und auf dem Marktplatz rollen keine Köpfe mehr, brennen keine Scheiterhaufen. Wo  unter Herzog Heinrich IV. Raub und Mord an der Tagesordnung, die Kassen leer waren und zudem die Pest grassierte, zeigt sich heute stolz eine wunderschöne Stadt in ihrer Architektur aus Mittelalter, Klassizismus und Gründerzeit mit immens hohem Freizeitwert.
Die Liste der Sehenswürdigkeiten ist lang, wie Sie unschwer in der Sidebar rechts sehen können.

Wer unweit von Schwerin golfen möchte, findet zwei Plätze. Einmal den WINSTONgolf (45 Loch) und dann den Golf Club Hohen Wieschendorf (18 Loch). Weitere Informationen zu den PLätzen und Bewertungen finden Sie unter: Reisen und golfen Mecklenburg-Vorpommern hier oder rechts in der Sidebar.

 

 

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