Gefangene der Geschichte.
So etwas gibt es wohl nur in Deutschland. Von einer Weltstadt in den Abstieg einer Provinzgröße, die, außer ihrer glorreichen Geschichte als eine der westlichen römischen Kaiserresidenzen kaum etwas neues, eigenes zu bieten hat. Alles in Trier ist Augusta Treverorum.
Augusta Treverorum (lateinisch für „Stadt des Augustus im Land der Treverer“) war eine römische Stadt an der Mosel, aus der das heutige Trier hervorgegangen ist. Die Stadt wurde wahrscheinlich 18/17 v. Chr. durch Kaiser Augustus gegründet, dafür spricht der lateinische Name. Besondere Bedeutung erlangte das römische Trier in der Spätantike, als zwischen dem späten 3. und dem ausgehenden 4. Jahrhundert mehrere Herrscher, darunter Konstantin der Große, die Stadt als eine der westlichen Kaiserresidenzen nutzten, wovon Monumentalbauten wie die Kaiserthermen oder die Konstantinbasilika noch heute zeugen. Mit einer hohen fünfstelligen Einwohnerzahl im Jahr 300 n. Chr. war Augusta Treverorum, gelegentlich auch Treveris genannt, die größte Stadt nördlich der Alpen und hatte damit den Status einer Weltstadt.
Tacitus berichtete für uns aus seiner Zeit, in der Augusta Treverorum natürlich nicht unberücksichtigt bleiben konnte. Und dabei nahmen die noch heute berühmten Bauten der Römer den meisten Raum ein. Tacitus schreibt über die Steinbrücke an der Mosel bereits 69 n.Chr. im Zusammenhang mit dem Bataveraufstand – Der Bataveraufstand war eine Revolte der germanischen Bataver, weiterer germanischer sowie keltischer Stämme ab August des Jahres 69 gegen die römische Herrschaft in Niedergermanien. Die Erhebung dauerte knapp ein Jahr.
Tacitus erwähnt ebenfalls, dass es sich bei Trier um eine Koloniestadt handele (colonia Trevirorum). Vermutlich hatte die Stadt, ähnlich wie Köln, diesen privilegierten Status unter Kaiser Claudius erhalten. Unter Mark Aurel und Commodus entstand ab 170 die Stadtbefestigung und damit das Nordtor, die Porta Nigra, was die Bedeutung der Stadt im 2. und 3. Jahrhundert unterstreicht. Nahe der Römerbrücke und nördlich der Barbarathermen befand sich einer der monumentalsten Tempel der römischen Stadt, der Asklepius-Tempel. Am Nordrand der Anlage wurde 1993 ein außergewöhnlich großer Münzschatz entdeckt. Er enthielt 2570 aurei mit einem Gesamtgewicht von 18,5 kg und regte zu manch einer Sage, eine mythischen Darstellung an, nicht selten wir hier der Ursprung der Rheingold-Sage vermutet.
Triers Baudenkmäler aus römischer Zeit sind seit 1986 UNESCO-Welterbe: das Amphitheater, die Barbarathermen, die Kaiserthermen, die Konstantinbasilika, die Porta Nigra und die Römerbrücke. Zum Welterbe gehören außerdem zwei mittelalterliche Bauten: der im Kern noch aus spätrömischer Zeit stammende, romanische Trierer Dom und die frühgotische Liebfrauenkirche.Sie zeugen von einer großen Zeit, zwar unter römischer Besatzung, die aber den Bürgerinnen und Bürgern zu einigem Wohlstand und vor allem zu einer, für damalige Zeiten außergewöhnlichen Entwicklung verhalfen.
Augusta Treverorum steht für den Widerstreit zwischen heidnischer und römischer Lebensauffassung. Trier zwischen Katholizismus und Feudalismus und urbanem Leben. Die Zeit des Mittelalters war für Trier politisch und wirtschaftlich die trostlose Zeit. Ende des 5. Jahrhunderts kam die Stadt unter die Herrschaft der Franken unter König Chlodwig. Die fränkischen Gaugrafen nahmen ihren Sitz in den Nebengebäuden der Konstantinbasilika und verwalteten von dort aus das umfangreiche Königsgut in Trier und Umgebung. Die antike Palastaula wurde von ihnen zur Königspfalz (Palatium) und Festung ausgebaut, die Fenster wurden zugemauert, Zinnen aufgesetzt, die Apsis wurde zum Heidenturm umgestaltet.
Im Jahr 882 wurde Trier bei einem Raubzug der Wikinger erobert und nahezu vollständig zerstört. 50 Jahre später tauchten die Wikinger erneut vor der Stadt auf, eroberten und bransdchatzten sie. Durch den Vertrag von Verdun Lothringen zugeschlagen, wurde es unter Heinrich I. 925 dem Ostfrankenreich einverleibt. Zunächst wurde die Stadt von den Grafen des Triergaus verwaltet; 902 schenkte König Ludwig dem Erzbischof Radbod wesentliche Hoheitsrechte sowie die Einnahmen der königlichen Pfalz. So ging die Stadt in den Besitz der Erzbischöfe, die allerdings noch für längere Zeit die Wahrnehmung der politischen Verwaltungsaufgaben den Vögten des Erzstifts überlassen mussten, den mächtigen Pfalzgrafen bei Rhein.
Was blieb den Trieren? Einst Weltstadt unter den Römern wurde die Stadt ein bedeutender Wallfahrtsort. Im Dom wird der Heilige Rock aufbewahrt, der in unregelmäßigen Abständen von einigen Jahrzehnten ausgestellt wird. Daneben gibt es die Heilig-Rock-Tage. Eine weitere Wallfahrt geht zum Grab des zwölften bzw. dreizehnten Apostels Matthias, der die Stelle nach dem Tod des Judas Iskariot zugesprochen bekam, die aber ikonografisch nicht zuletzt auch dem Paulus von Tarsus zugesprochen wurde und wir damit dreizehn Apostel zählen; etwas verwirrend zugegeben. In der Benediktinerabtei St. Matthias befindet sich der Überlieferung nach das einzige Apostelgrab nördlich der Alpen. Die Gebeine des Apostel Matthias sollen im Auftrag der Kaiserin Helena, Mutter des römischen Kaisers Konstantin I., vom Trierer Bischof Agritius nach Trier überführt worden sein, also selbst hierbei wirkt noch die alte römische Zeit in die gegenwärtige Geschichte.
Römische Baudenkmäler, alte Sagen, Gebeine und Gewänder, das macht Trier heute aus. Bedeutende Industrie oder Wirtschaftsunternehmen finden sich hier nicht, aber eine, von den Chinesen gespendete Skultur von Karl Marx, der in Trier geboren ist. Hier in Trier wuchs Marx auf, machte hier Abitur, aber Trier nichts aus seinem berühmten Sohn und einer berühmten Tochter der Stadt, der Jenny von Westphalen, Schwester seines besten Schulfreundes, Edgar und späteren Schwager, mit der er sich 1836 hier noch in Trier verlobte.
Mit Marx konnte so richtig niemand aus der kontinental-europäischen Obrigkeit etwas anfangen, die deutsche Obrigkeit als Nachfolger des Feudalstaates erst recht nicht. In Bonn, wo Marx studierte und das dreibändige „Kapital“ weder geschrieben noch veröffentlicht war, wurde er nicht als Linkshegelianer, nicht als Freigeist, linker Journalist oder Mitglied eienr „Loge“, sondern wegen „nächtlichen Lärmens und Trunkenheit“ verurteilt und später dann gegen ihn wegen Tragen eines Säbels ermittelt. Berlin, Jena, die Rückkehr nach Bonn und auch ein Aufenthalt in Paris ließen Marx nicht Fuß fassen und, bekannterweise, endete seine Reise im Exil in London.
Spät und lange nachdem die Gedanken und das Kapital von Carl Marx, so die Geburtsurkunde, ihren langen Weg in die Geschichte angetreten hatten, gedachte Trier seinem berühmten Sohn und widmete ihm 2018 zum 200sten Geburtstag immerhin eine eine große Landesausstellung im Stadtmuseum und im Landesmuseum. So wird übrigens meisten Geschichte inb Museen oder in Mahn- und Denkmalen beendet, gleichsam verschlossen, damit eben die Geschichte unbeschadet und erschüttert von ihren Ereignissen weiter fortprozedieren kann.