Kreta: Am Sitz der Götter.

Anmutsvoll und ringsumflossen.

Wo Zeus und Minos miteinander sprachen.

Theater auf Kreta

Kreta ist ein Land im dunkelwogenden Meere,
Fruchtbar und anmutsvoll und ringsumflossen. Es wohnen
Dort unzählige Menschen, und ihrer Städte sind neunzig:
Völker von mancherlei Stamm und mancherlei Sprachen. Es wohnen
Dort Achaier, Kydonen und eingeborene Kreter,
Dorier, welche sich dreifach verteilet, und edle Pelasger.
Ihrer Könige Stadt ist Knossos, wo Minos geherrscht hat,
Der neunjährig mit Zeus, dem großen Gotte, geredet.

So spricht Homer in der Odyssee von Kreta, als Ort bunt gemischter Population, gleichzeit rätselhaftem Charakter, geheimnisvoll. So schauten die Bewohner von Aptera gleichzeitig auf die Theaterbühne und die im Hintergrund sich auftürmenden Berge der Levka Ori, das mit dem Grias Soros auf über 2.330 Metern Höhe den Sitz des Zeus beheimatete.

Doch bevor Zeus seinen ewigen Sitz hoch oben einnahm, hatte er schon eine bewegte Geschichte hinter sich. Eine Geschichte bzw. Geschichten, denn im Original ist uns nichts überliefert, nur in vielfältigen Erzählungen aus anderen Mündern und Federn, die auch uns noch angehen. So sei er, Zeus, dort in der Höhle von Psychro dereinst geboren. So erzählt uns die „moderne“ Archäologie, um sogleich neben der Zeus-Höhle bzw. der Diktäischen Höhle wie sie auch genannt wird und heute ca. 50 Kilometer südöstlich der Hauptsatdt Heraklion an der Lasithi-Hochebene zu finden und zu besuchen ist, eine zweite Geburtstätte, die idäische Grotte, auch die Höhle des Schäfermädches genannt, im gleichnamigen Ida-Gebirge kennenlernen zu lassen und den Geschichten um „das Schäferstündchen“ neue Nahrung zu geben.

Wer sich mit der minoischen Kultur und deren Denken beschäftigt ist nun keineswegs irriert, ob der zweifachen Geburtsstätte unseres großen Göttervaters. Denn das Denken eines Ursprungs ist viel jünger; aber dazu dann später zum gegebenen Anlass mehr. Sowenig die Archäologen den einen Ursprung uns präsentieren können, sowenig einheitlich sind auch die minoischen Mythen. Nach Hesoid brachte Gaia, die wissende und sehende Urgöttin, vielleicht unserer germanischen Erda anverwandt, den neugeborenen Zeus nach Kreta. Durch tiefschwarze Nacht, verborgen vor den wütenden Blicken des Vaters Kronos, so erzählt uns Apollodor, barg Gaia den Kleinen in einer Höhle, um deren Verortung sich nun die Archäologen streiten. Wer immer nach Kreta kommt, sollte beide besuchen, denn beide waren den Minoern heilige Orte und sind Orte unseren Ursprungs. Dort nährten die Nymphen Adrasteia und Ide, bewachten die Kureten den kleinen Schreihals, der mit seinem Gebrüll sich selbst zu verraten und von Kronos verschlungen zu werden drohte.

Tizian, Raub der Europa Athenaios ergänzt diese Geschichte noch um einen wichtigen Aspekt, demnach der Kleine sich an den Zitzen einer kapitalen Sau ernährte, deren lustvoll lautes Grunzen dasselbe Risiko der Entdeckung durch den Vater hervorrief und von den Kureten durch Übertönung verhindert wurde. Hierin ist der Ursprung vielleicht der Polyphonie moderner Musik zu entdecken, sicherlich aber die Abneigung der heutigen Kreter gegenüber dem Verzehr von Schweinefleisch. Auf dieser Grundlage ist denn auch der sonst so schwerlich zu akzeptierende Umstand zu verstehen, warum die Kreter bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts hinein nicht unerbliche Mengen an Steinen und Scherben aus minoischer Zeit zur Befestigung und Umrandung von Ställen benutzt haben, was den heutigen Museen unwiederbringlichen Verlust beschehrte. Dies sollte uns aber nicht weiter stören, da, viel bedeutsamer, die diktäische Höhle für uns noch in einem anderen Zusammenhang steht. Nach Lukian von Samosata kam es nämlich eben dort zu der nachhaltigen, göttlichen Vereinigung zwischen Zeus und Europa, der schönen Phöizierin und Königstochter, die er in die Höhle, ungebeten und auch ein wenig mit krimineller Energie, entführt hatte.

Man sieht allein an diesen Mythos-Fragment doch einiges an Phantasie beteiligt und leicht läßt sich dem folgend neue hinzutragen. Sind Höhlen eo ipso schalltechnisch schwer zu dämmen, im Gegenteil, wirken eher schallverstärkend und sind auch vor fremden Blicken schlecht zu schützen, bieten eher guten Schutz vor heimlicher Beobachtung, dann könnte man der Geschichte auch noch andere Betrachtungsweisen abgewinnen. Mit Siegmund Freud als hoch bildungsgeschulten Zeugen wäre der Mythos dann weniger eine Geschichte der kulturellen Denkweisen unserer Vorfahren sondern ein kulturelles Triebsublimat, der Göttervater Zeuss demnach ein geiler Voryeur, wobei diese Perspektive bei dem obsessiven Triebverhalten vom Götter-Boss sich als eher wahrscheinlich ja regelrecht aufdrängt.

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Weiter geht es: Von Heraklion aus und dessen Umgebung, vor allem Knossos, nach Chania, der Stadt, die ihre Pracht durch den venezianischen Hafen bis heute erhalten hat, quer oder im Zickzack über die ganze Insel.

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