„THE SHAPE OF THINGS TO COME“
kuratiert von
PROFESSOR STEPHAN BERG
Intendant Kunstmuseum Bonn
ERÖFFNUNG 09. APRIL 2015, 18.30 – 21.00 UHR
Dauer der Ausstellung: 10. APRIL bis 16. MAI 2015
Pi Artworks London
55 Eastcastle Street
London W1W 8EG
Webseite Pi Artworks London.
Öffnungszeiten
MO – FR 10 – 18 Uhr
SA 11 – 18 Uhr
The shape of things to come
Paul Schwers künstlerische Arbeit verknüpft die Elemente Farbe, Licht und Raum zu einer konsequent verräumlichten, skulptural und installativ aufgeladenen Malerei. In seinen expansiven Setzungen wird das Bild zu einer dynamischen, räumlich erlebbaren und begehbaren Erfahrung, die sowohl die Entwicklung der Malerei reflektiert, wie sie diese zugleich in den Kontext unserer heutigen Erfahrung von Beschleunigung und der Urbanität der großen Metropolen stellt. Die Matrix für Schwers Intervention in der Galerie Pi artworks in London bildet folgerichtig das Foto einer Pergola in einem Innenhof Istanbuls, das als Raumzeichnung Boden und Wände der Galerie bedeckt und mit einem Gespinst zartsilbriger Linien überzieht, die sich vereinzelt als Relief oder vollplastische Form ausbilden.
Die von einem Zentrum ausstrahlende Struktur dieser Zeichnung erfährt durch die projizierte Verzerrung eine zentrifugale Dynamisierung und Zersplitterung in einzelne Flächen, in die sich die einzelnen Skulpturen aus farbig bemaltem und durch Hitze verformtem transparentem Kunststoff einschreiben. Menschlichen Wesen gleich stehen sie als verschlungene, torsoartige Raumkörper dem Betrachter gegenüber. Mit ihren ausgreifenden Schwüngen und Durchblicken sind sie zugleich malerische und plastische Gesten.
Ihre durch die Erhitzung des Materials möglich gewordene skulptural-malerische Bearbeitung balanciert auf dem schmalen Grat zwischen Zufall und Setzung, aber auch zwischen Konstruktion und Dekonstruktion. Nur begrenzt lässt sich die Dehnung, Formung und Durchlöcherung des Materials steuern. Was sich schlussendlich zeigt, ist immer kalkulierter Prozess und unvorhersehbares Ergebnis zugleich. Und dabei auch gleichermaßen Körper und Hülle. Streng genommen bestehen Paul Schwers skulpturalen Malereien aus nichts als aus ihrer eigenen Hülle. Sie sind dreidimensionale Hautfaltungen, epidermaler Farbfilm, gewonnen aus der an der Grenze zur Verflüssigung erhitzten Materie. Ihre Aktivierung geschieht wesentlich durch das Licht, das neben dem Raum und der Farbe die zentrale Rolle in Schwers Werk spielt. In diesen Sinne setzt der Künstler beispielsweise die Licht reflektierenden Folien ein, mit denen einzelne Flächen der Wandzeichnung bedeckt sind . Ihre je nach Bewegung des Betrachters unterschiedliche Reflexion verbindet die Folien mit einer verspiegelten Skulptur im hinteren Bereich des Raums. Dort wird das Thema von einer von der Decke zum Boden fallenden Kaskade aus Leuchtstoffröhren und transparentem verformtem PET- Kunststoff aufgegriffen, deren Licht und dessen Brechung wiederum zur Zeichnung auf der Skulptur wird, während direkt daneben ein schwarzmatt lackiertes Kunststoff-Zwerg das Licht wie ein schwarzes Loch einsaugt, in dem das Flirren der Umgebung kollabiert.
Den Transfer von der in der Raumzeichnung eingeschriebenen Metropole Istanbul zur Metropole London formuliert eine der näher am Eingang stehenden, stark farbigen und zugleich durchscheinenden Skulpturen, die mit einem Motiv aus London bedruckt ist und so den Bogen zwischen den west-östlichen Standorten der Galerie schließt.
Stephan Berg