Johannesburg

Hauptstadt von Gauteng

Gimme Hope Jo’anna.

Südafrika - Johannesburg

Der Text dieses Reggae Songs von Eddy Grant aus dem Jaqhr 1988 besingt keine schöne Johanna, sondern die Anklage der südafrikanischen Apartheit und die Sehnsucht nach Frieden. Johannesburg ist hässlich, so die einen. Johannesburg ist kreativ und großartig, so die anderen. Joburg, die heimliche Hauptstadt Südafrikas, oder Jozi, wie die Johannesburger selbst sagen, ist das Abbild des neuen Südafrika, vielleicht des gesamten Kontinents, wennes darum geht, den Weg einer afrikanischen Industrienation nachzuzeichnenmit all ihren Hoffungen und Enttäuschungen, mit Fortschritt und Rückfall auf allen Ebenen.

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Vielleicht ist eine Ebene mittlerweile davon ausgenommen: die kulturelle Ebene, die hier in Joburg seit Jahren blüht. Das ändert nichts daran, dass hier in Joburg nach wie vor die Kluft zwischen arm und reich nicht zu übersehen ist, dass Gewalt und Verslummung ganze Stadtteile im Würgegriff hält.

Joburg, das sind mehr als Zweidrittel der Industrieproduktion des gesamten Südafrika. Und das bedeutet, dass hier in dieser Stadt eine schwarze Mittelschicht entstanden ist, groß und einflussreich genug, um in die einstigen Domänen der weißen Apartheitsgesellschaft aufzubrechen und in Politik und Wirtschaft, in die ehemaligen ‚gated communities‘ einzubrechen.

Einbruch, gewissermaßen als Öffnung verstanden, besonders erkennbar an der Clubszene Johannesburgs, wo Schwarze und Weiße gelernt haben, miteinander die Freizeit zu verbringen, wo musikalische Einflüsse aus beiden Kulturkreisen, wo Kunst vor allem und kulturelle Diskurse über die einstigen ‚Grenzen‘ hinweg sich sozial und kulturell beeinflussen. Nicht selten sind solche Phänomene der sozialen und kulturellen ‚Migration‘ über ehemalige soziale, wirtschaftliche und politische Grenzen hinweg Zeichen und Manifestationen einer Gesellschaft in Bewegung; man sehe nur auf die Geschichte von New York City in den letzten vierzig Jahren.

GP, das Autokennzeichen für Johannesburg, steht für die Gauteng Province und für „Gangsta’s Paradise“.GP erinnert damit daran, dass Joburg nach wie vor zu den gefährlichsten Städten der Welt, zu den Städten mit einer besonders hohen Kriminalitätsrate bei schweren Verbrechen bis hin zu Mord gehört. Wer Joburg besucht, sollte sich vorher informieren über die sog. „No Go Areas“ wie etwa Hillbrow oder Alexandra. In 2017 haben Joburgs Gangster sogar ein Flugzeug auf dem Flughafen überfallen, man sagtmit Unterstützung der Polizei, und Geldsäcke geraubt.

Dass Kriminelle in Hochsicherheitsbereichen ungestört wirken können, ist schon eine Besonderheit. Dass brutale Raubüberfälle an der Tagesordnung sind wie etwa der auf eine Touristengruppe aus den Niederlanden, als sich die sechs Täter als Polizisten verkleidet hatten, den Reisebus unterwegs gestoppt, Fahrer und Reiseführer gefesselt und danach in aller Ruhe die 36 Urlauber, darunter auch holländische Polizisten, mit vorgehaltener Waffe ausgeraubt haben, erscheint bereits als ein Normalfall (siehe Handelsblatt von 20.10.2017).

Südafrika - JohannesburgGalerien, Cafés und Jazzbars Joburgs einstigen Problemvierteln.

Joburg kann natürlich auch anders. Zwischen Jeppe Street und der südlich gelegenen Main Street, also im pulsierenden Herzen der City, wo Wolkenkratzer das Stadtbild prägen, kann man heute durchaus den Charme dieser afrikanischen und die Triebkraft dieser aufstrebenden Megacity genießen.

Am Joubert Park zum Beispiel, sind in der Johannesburg Art Gallery Werke afrikanischer und europäischer Künstler aus fünfhundert Jahren zu sehen. Dort im eugestalteten Stadtteil Newton, einer ehemaligen No Go Area, findet man zahllose Bars, Restaurants, Jazztempel und Theater.

Dort zeigt  das Worker Museum Dokumente aus dem Leben der Minenarbeiter und das benachbarte Museum Africa ein breites Spektrum an Exponaten zur Kulturgeschichte des Kontinents. Gegenüber bietet das Market Theatre im Gebäude des ehemaligen Gemüsemarkts Kultur auf vier Bühnen.

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Kalter Schauer gefällig? Dann nimmt man die Nelson-Mandela-Brücke von Newton aus, das allein schon eine imposante 284 Meter lange Seilkonstruktion zum Constitution Hill nach Braamfontein hin, die ein Prickeln auf dem Rücken entstehen lässt. Auf dem Hügel steht das berüchtigte Old Fort Prison, in dem Freiheitskämpfer wie Nelson Mandela und Mahatma Gandhi einsaßen. Aber auch einfache Bürger wurden hier wegen Verstöße gegen die Rassengesetze eingesperrt, misshandelt und gefoltert. Heute ist das ehemalige Symbol für die Unrechtsjustiz des Apartheid-Regimes Sitz des Verfassungsgerichts, ein wahrhaft gut gewählter Ort für die Rechtsprechung in einer jungen Demokratie.

Bitte lesen Sie weiter auf Seite 2: Millionärsvillen neben Wellblechhütten.

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