Fiesta Madrid - Seite 4

Spanien - Madrid

Spanien - MadridSpanien - MadridDas geschäftige und das moderne Madrid.

Viele meiden diese Ansicht. Bereits an der Puerta del Sol scheiden sich die Geister; zu viele Straßenhändler, zu viele Touristen, zu oft Taschendiebstahl, zu laut, zu hektisch.

Alles das trifft auch zu. Das ist „urbanización„, die die Madrilenen aber eher lieben. Weil sie es lieben und gewohnt sind, im öffentlichen Raum zu leben, sich dort aufzuhalten, sich dort zu unterhalten, zu essen, zu trinken…
An einem ganz normalen Werktag sieht man in Madrid mehr Menschen auf den Straßen und in den Cafés, den Restaurants und Tapas-Kneipen, als in Deutschland an einem lauen Samstag-Sommerabend.
Madrilenen halten sich wenig  in ihrer Wohnung auf, sie lieben die Öffentlichkeit. Für sie ist die Puerta del Sol das alte soziale Zentrum der Stadt.

Unter den Habsburgern im 16. Jahrhundert als Straßenkreuzung entstanden und von den Bourbonen im 18. und 19. Jahrhundert als halbrunder Platz vollendet, beginnt hier die alt ehrwürdige Calle de Alcalá, die Sie direkt zur Fuente de Cibeles führt und mit einigen imposanten Bauwerken des späten 19. Jahrhunderts aufwartet: ehemalige Zentralen wichtiger Banken und Versicherungen, aber auch diverse Ministerien in wieder hergestellter, prächtiger Palastarchitektur.

Am Plaza de Cibeles haben wir den neuralgischen Verkehrsknotenpunkt Madrids erreicht und sehen eine Ansammlung fast schon protziger Bauwerke wie die spanische Nationalbank, das Hauptquartier des Heeres und der Kommunikationspalast, das ehemaligePostamt der Stadt und heute der neue Amtssitz des Madrider Bürgermeisters, im Jahr 2011 in Palacio de Cibeles umbenannt.

Spanien - Madrid - CibelesSpanien - MadridVom Brunnen der griechischen Göttin Kybele (Cibeles), welche für die Erde, die Landwirtschaft und die Fruchtbarkeit steht und auf einem Wagen, der von Löwen gezogen wird, sitzt, gehen Sie nun nicht nach Süden ins Museums-Dreieck, sondern ein paar Meter in die nördliche Verlängerung des Paseo del Prado, der Sie durch verschiedene historische Epoche der Stadt führt; durch das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert und zugleich auch Abstecher in ein Stück spanischer Architekturgeschichte ermöglicht.

Hier sehen Sie vom Jugendstil auf der Calle de Alcalá über neoklassizistische und neogotische Bauwerke an der Plaza de Cibeles bis hin zur Stadtpalastarchitektur auf dem Paseo de Recoletos einen Querschnitt aller möglichen städtebaulichen Architekturepochen.

Ein Besuch des Museo Archiologico oder der Nationalbibliothek oder der Weg weiter in das Stadtviertel Chueca mit seinem schier unerschöpflichen Angebot an Schwulen- und Lesbenbars markiert etwa die Halbzeit dieses Spaziergangs.

Wenn Sie noch Lust verspüren, dem modernen Madrid nachzuspüren, dann wandern Sie weiter auf den Wegen von der Stadtpolitik und staatlichen Hochfinanz zu den neuen Mittelpunkten des Freizeitkonsums.
Biegen Sie also vom Paseo de Recoletos aus in die Calle Prim ein, die nach etwas mehr als 200 Metern in die Calle Augusto Figueroa übergeht.

Diese Straße führt direkt an der fast mythischen Plaza de Chueca vorbei, wo früher der Mittelpunkt beliebter literarischer und filmischer Rotlichtdramen lag und der heute Mittelpunkt der Kneipenszene des Viertels ist. Die Calle Augusto Figueroa mündet wenig später in die Calle Hortaleza und direkt dahinter in die Calle Fuencarral, wo alle Kaufwütigen ihr Urlaubsgeld loswerden und den Überziehungsrahmen ihrer Kreditkarten für die angesagtesten, schrillsten, auffälligsten Kleidermarken sprengen können.

Spanien - Madrid - Gran ViaSie nähern sich der Gran Via, dem modernen Zentrum Madrids, der Prachtmeile, dem verkehrsumtosten, viel bestaunten Fake-Boulevard. Ein wenig Fith Avenue mit dem Edificio Telefónica, das an Bauten am Central Park von NYC erinnern möchte. Mit dem Plaza del Callao, einem ostentativen Nachbau des Time Square und all‘ den Prachtbauten links und rechts der Via, die man auch als ein Freilichtmuseum für modernes Assembling aller Baustile des 19. und 20. Jahrhunderts verstehen darf.

Hier hat der Spieltrieb der spanischen Architekten fröhliche Urstände gefeiert und seinen Durchbruch durch alle Grenzen in die Moderne gefunden. Nicht immer zart besaitet, aber heiter und voll des Willens zum Spiel mit den Stilen und Epochen.

Wem dies zu orgiginell, zu wenig original ist, der mag sich die Gebäude an der nicht weit entfernten Plaza de España anschauen, die den östlichen Abschluss der Gran Via bildet und zwei monumentale Hochhäuser aus den fünfziger Jahren als Symbole der Franco-Diktatur demonstriert.
Gegen diese triste Anwesenheit des dunkelsten Kapitels Spaniens im 20. Jahrhundert protestieren die Ramschläden und Schnellrestaurants, die steril beleuchteten Spielhallen, Casinos und Frühstückskneipen der Gran Via in westlicher Richtung, weg vom Edificio España und dem Torre Madrid, die beide zur Zeit leer stehen und immer mehr zu gespenstischen Kulissen der einstigen Diktatur verkommen.

Spanien - Madrid - Gran ViaMadrids Anspruch, politische, kulturelle und langsam auch wirtschaftliche Hauptstadt Spaniens zu sein, ist so wie so in die neuen Stadtviertel im Norden gewechselt, wo echte Wolkenkratzer die Stadt als die Kapitale Spaniens in die Landschaft schreien.
Im Moment ist die Gran Via noch eine Baustelle. Sie bekommt ein einer Avenue würdiges Trottoir und selbstverständlich werden alle Gebäude maximal aufgehübscht. Der ein oder andere Bronzeengel muss noch auf’s Dach, ein Casino, dass Weltstädtisches verspricht, hat seinen Betrieb bereits aufgenommen. Und wenn die Gran Via einmal fertig sein wird, und das ist nahe, wird sie wahrscheinlich schnell von den Madrilenen so vereinnahmt, wie alle anderen großen Straßen der Stadt, wo die Medrilenen heute bereits genüßlich zum Café sich treffen, morgens, mittgs, nachmittags, abends und nachts.

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