Hamburg St. Pauli - Seite 3

Vom Fernweh und der Sehnsucht nach zuhause

Aus der Traum? Nicht ganz.

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Hamburg - St. PauliHamburg - St. Pauli Das neue Szeneviertel, verkürzt als Schanze bezeichnet, ist wie auf Großer Fahrt seit 2008 unterwegs zwischen Karolienviertel und St. Pauli und Hamburgs Magistrat scheint den Überblick und die Orientierung im Terrain verloren zu haben und kurslos durch die Geschichte dieser Viertel zu steuern, die einst Hamburgs Postzustellbezirk 6 umfassten.

Das Karo-Viertel ist mit seinen vielen Graffiti- und Streetart-Werken ist heute ein Anlaufpunkt für Kunst-Interessierte und Alternative aller Art, die Schanze, die noch Ende des 20. Jahrhunderts durch alternative Kultur und Multikulturalismus weit über die Grenzen der Hansestadt hinaus bekannt war, unterlag den städteplanerischen Umstrukturierungen und Stadtentwicklungsmaßnahmen ab Ende der 1990er Jahre, die  zur Gentrifizierung führten. So ließen sich während des Internet-Booms von 1998 bis 2001 zahlreiche Firmen der New Economy in sanierten ehemaligen Fabrikgebäuden nieder. Der Altbau-Wohnungsbestand wurde aufgewertet, hinzu kamen zahlreiche Neubauten. Heute prägen viele Bars, Restaurants, Kleinunternehmen, Modeboutiquen und die dazugehörige Kundschaft das Straßenbild insbesondere in Schulterblatt, Schanzenstraße und Susannenstraße.

St. Pauli, wie wir es jetzt erleben, verdankt seinen Nimbus den früher dort existierenden Nachtclubs wie dem Salambo, dem Safari, Colibri, Regina und anderen, die dadurch imponierten, dass sie nicht nur Striptease boten, sondern auch den Geschlechtsakt, teilweise in Kostümen auf der Bühne vollzogen. Alle diese Clubs sind inzwischen geschlossen, der Mythos aber ist geblieben. Er ging in den letzten Jahrzehnten selbst wiederum auf Große Fahr im Viertel und in der Hafenstarße vor Anker, wo die Alternativ-Szene Häuser bestzte wie einst Piraten die Karavellen der Spanier kaperten und die Besetzer ihren Traum lebten, wie ein Kapitän auf seinem Schiff eigene Gesetze zu erlassen und unanbhängig von allen landgestützten Gesetzen Recht zu sprechen. Den Polizisten und Ordnungskräften bließ ein eisiger, harter Wind entgegen, tauchte sie dort auf. Es regnete Steine und Stahlkugeln wie aus den Geschützen der Piraten auf sie hernieder, bis einige der Häuser im Schutt versanken wie die Spanier an den Riffen der Karibik.

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Hamburg - St. Pauli Heute findet man im Viertel eine ganze Reihe bekannter Musikclubs und Discotheken wie z. B. Große Freiheit 36, Kaiserkeller und Grünspan und  das Viertel ist ein besonders stark frequentierter Teil des Nachtlebens der Reeperbahn.

In der Großen Freiheit 64 ist bis heute der Indra-Musikclub zu finden, in dem die Beatles ihre ersten Auftritte hatten, bevor sie durch ihre Konzerte im Star-Club zu größerer Berühmtheit gelangten, noch bevor sie in England ihr Inseldasein verlassen konnten.

Die deutsche Drag Queen Olivia Jones hat in der Straße verschiedene Lokale eröffnet, ist zu einer weltberühmten Kiez-Größe geworden und die Schäden des G20 Gipfels zwischen dem 7. und 8. Juli 2017 sind mittlerweile auch weitgehend beseitig, gleichwohl Ermittlungen gegen des sog. Schwarzen Block und strafrechtliche Verfahren gegen Tausende an Beschuldigten noch andauern.

G20 Gipfel gekapert.

Hamburg G20Hamburg G20 Mehr als 30. 000 Polizeibeamte  waren damals nicht in der Lage, das Viertel und die Teilnehmer der Demonstrationen und des Gipfel selbst zu schützen. Die Tage, die mit der Demonstration „Welcome to Hell“ am 6.Juli 2017 begannen,  sind in die Geschichte eingegangen und wurden zu wahren Hölle für alle, die damals dort waren. Viele kamen, um zu demonstrieren, viel um die Bands Die Goldenen Zitronen, Neonschwarz und Irie Révoltés zu hören. Die Rote Flora hatte gerufen zum Altonaer Fischmarkt, von wo aus über Hafenstraße, Reeperbahn, Max-Brauer-Allee, Schlump, Grindelallee, Dammtor bis zum Millerntor protestiert werden sollte.

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Hamburg - St. PauliHamburg - St. Pauli Am Morgen des 7. Juli veranstaltete das Bündnis „Block G20“ Sitzblockaden mit dem Ziel: „G20-Gipfel blockieren und die Rote Zone bunt gestalten“; ein paar wenige ahnten da schon, was bunt gestalten im Schwarzen Block bedeutete.
Das Bündnis „shut-down Hamburg“ besetzte in Hamburg-Wilhelmsburg einen Verkehrsknotenpunkt des Hafens, um den „reibungslosen Ablauf des Kapitalismus“ symbolisch zu stören, fast schon ein Happening, wie man es aus den 60er Jahren noch kannte.

Tausende kamen und versuchten, die Anreise der Staatsgäste zu behindern; quelle gaudi. Gleichzeitig und von mehreren Seiten aus drangen sie in die „rote Zone“ vor und besetzten Straßenkreuzungen, so dass der  Fahrzeugkonvoi von Donald t. einen Umweg fahren musste, Europa Rotweinexperte Jean-Claude Juncker und Donald Tusk sich zu einem Termin verspäteten, Wolfgang Schäuble eine Podiumsdiskussion absagen musste, und Amerikas Firt Lady Melania t. ihr Hotel vormittags nicht verlassen konnte.

Gleichwohl die Polizei die Sitzblockaden mit Wasserwerfern geräumt hat wurden nach ihren eigenen Angaben Putins Hotel, eine Polizeistation und ein Hubschrauber angegriffen sowie einige Streifenwagen ernsthaft beschädigt.

Hamburg - St. PauliHamburg - St. Pauli Nach Polizeiprotokollen errichteten ab 19:00 Uhr bis zu 500 Personen im Schanzenviertel Barrikaden, zündeten sie an, bewarfen Einsatzkräfte mit Böllern und bewaffneten sich mit Eisenstangen. Daraufhin verlegte die Polizei Wasserwerfer und weitere Einheiten vor die Straße Schulterblatt.

Nach 21:00 Uhr rückten diese Kräfte vor, zogen sich aber nach Bewurf mit Steinen und Flaschen wieder zurück. Dabei feuerten sie Gasgranaten und einen Warnschuss ab. Ab 21:31 Uhr verweigerten die Einsatzkräfte wegen befürchteter Lebensgefahr Duddes (Einsatzleiter) Befehl zum Vorrücken.

Er forderte daher Spezialkräfte (SEKs) an.
In diesen Stunden brachen verschiedene Täter in einige Läden ein und plünderten sie. Andere schossen nach Polizeiangaben mit Zwillen auf die Einsatzkräfte. Einige warfen vom Dach des Hauses Am Schulterblatt 1 Gesteinsbrocken und Molotowcocktails auf Polizisten.

Zwei SEKs räumten neun Gebäude, schossen anfangs Gummigeschosse auf eine Dachkante und richteten Ziellaser auf Personen, die dort oben Stellung bezogen hatten. Zum Räumen benutzten sie Spezialmunition und laute Ablenkungsmunition.

Die Szenen wurde zu einer echten Hölle auch für gut ausgebildete und bestens ausgerüstete Spezialeinsatzkommandos und nach Aussagen Betroffener bedrohten SEK-Beamte deutlich als Sanitäter gekennzeichnete Rettungskräfte, die Verletzte versorgten, mit Maschinenpistolen, ließen sie mit erhobenen Händen einzeln hinaustreten, tasteten sie ab und führten sie aus dem Viertel.

Danach erbaten mehrere geschockte Helfer psychologische Nothilfe und stellten ihren Dienst ein. Bis August 2018 wurden von der SoKo Schwarzer Block 3400 Ermittlungsverfahren geführt von denen 723 Verfahren gegen 840 namentlich bekannte Beschuldigte liefen (vgl Wikipedia). Das lassen wir mal so stehen.

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