Delphi

Die Frage aller Fragen

„Erkenne dich selbst“ – „nichts im Übermaß“

Griechenland - DelphiGriechenland - DelphiGriechenland - Delphi „Erkenne dich selbst“ (γνῶθι σεαυτόν gnōthi seauton) und „nichts im Übermaß“ (μηδὲν ἄγαν mēden agan) … ach hätte sich doch die apollinische Weisheit ein wenig mehr verbreitet, wenn gleich auch Friedrich Nietzsche gerade ihr – gegenüber dem dionysischen Leben – die Schuld am Nihilismus des Abendlandes gab. Nichts im Übermaß war Nietzsches erklärtes Feindbild gemäßigten Denkens, Ausschweifung, Ekstase, ein Leben in vollen Zügen sein Vorbild für den neuen Menschen, den Übermensch.

Man kommt nicht umhin, sich Gedanken zu Delphi zu machen, wenn man den geistigen Boden der antiken Griechen betritt. Delphi galt den Menschen der Antike als der Mittelpunkt der Welt. Dem Mythos zufolge ließ Zeus zwei Adler von je einem Ende der Welt aufsteigen, die sich in Delphi trafen. Der genaue Ort wurde durch den Omphalos (gr. „Nabel“), ein Kultstein im Adyton des Apollon-Tempels in Delphi angezeigt. Was den dionysischen Denker des Zarathustra wohl gefallen und zu einem lauten: ‚Siehste, hab ich’s doch gewusst‘ verleitet hätte, ist die Vermutung, dass unter dem Omphalos sich angeblich auch noch das Grab des Dionysos befinde, auch Python soll unter ihm begraben worden sein.

Python, eine oft auch als „Drache“ bezeichnete geflügelte Schlange, sei gezeugt worden, als die Erdmutter Gaia sich mit dem Schlamm, der nach dem Ende des Goldenen Zeitalters von der Welt übrig geblieben war, vereinigte. Python oder Pytho, die in der älteren Überlieferung weiblich, erst in späterer Zeit als männlich gedacht wurde, hatte hellseherische Fähigkeiten und lebte an dem Ort, der später Delphi heißen sollte. So spekuliert man munter weiter und herum, vermutet am Ort zuerst ein Zeus-Heiligtum, was aber die Geschichte aus Literatur und Architektur nicht durchgängig bestätigen sollte.

Griechenland - Delphi

Griechenland - DelphiGriechenland - DelphiAb dem 8. Jahrhundert v. Chr. setzte sich in Delphi dann die Verehrung des Apollon durch und das Orakel entwickelte sich. Nach der geflügelten Schlange Python, die Apollon dem Mythos zufolge hier getötet haben soll, war Delphi zunächst unter dem Namen Pytho bekannt, ein Name, der in der Dichtung weiterlebte, ansonsten jedoch ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. zunehmend durch den Namen Delphi ersetzt wurde. Und wer sich in die Literatur, das antike Drama begibt, dem wird buchstäblich Hören und Sehen vergehen ob der mythologischen Vielfalt, die einst dort entstand und die die antiken Dramatiker beförderten.

Das Einzige, was sicher erscheint, ist, dass nichts sicher scheint. So leitet sich der Name Delphi wahrscheinlich vom griechischen Wort δελφύς (delphys) für „Gebärmutter“ ab und könnte auf eine alte Verehrung der Erdgöttin Gaia, weniger auf ein Organg der Weiblichkeit hinweisen – ein Bezug, der der Antike also als Urmutter und Welt-gebärendes Weib bekannt war. Ursprünglich, so wird angenommen, sprach also Gaia selbst durch das Orakel. So prophezeite Gaia der Hera, die die eifersüchtige Gattin des Zeus war und also eine Enkelin Gaias, dass Leto, ihre Nebenbuhlerin und eine der zahlreichen Geliebten des polyamorösen Zeus, dereinst Zwillinge (Artemis und Apollon) gebären würde, die größer und stärker als alle ihre Kinder seien.

Python prophezeite sich selbst, dass Apollon ihn töten würde, also zog er los, um Leto zu töten, fand sie aber nicht, da sich diese auf der Insel Delos versteckte. So gebar Leto ihre Kinder und Apollon begann Python zu jagen. Er stellte ihn bei Delphi und tötete ihn. Durch das vergossene Blut Pythons übertrugen sich dessen hellseherische Fähigkeiten auf den Ort. So wurde Delphi der Kontrolle Gaias entrissen und befand sich fortan unter dem Schutz Apollons; und die Geburt der Tragödie aus dem apollinischen Geist war geboren.

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Griechenland - DelphiGriechenland - DelphiSeitdem war das Orakel von Delphi dem Gott Apollon gewidmet und galt als das wichtigste Orakel im antiken Griechenland und behielt noch rituelle Verbindungen zur Urmutter Gaia, deren kultische Verehrung dadurch weiterlebte, dass Apollon nicht durch einen Priester, sondernderdurch die Pythia sprach. Diese saß auf einem Dreifuß über einer Erdspalte.

Der Überlieferung nach stiegen aus dieser Erdspalte Dämpfe, die die Pythia in einen Trancezustand versetzten, wobei bis heute die Wissenschaft darüber streitet, von welcher Beschaffenheit dies Gase wohl gewesen sind. Physikalische Gase wie z. B. hohe Methan- und Kohlendioxid-Anteile, die zu Sauerstoffmangel und hernach zu Halluzinationen geführt haben sollten, konnten aber wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden, weder durch Austrittswege durch Erdverschiebungen noch durch Versinterungeb; es bleibt auch dies ein Rätsel bis in Ewigkeit.

Das Orakel entwickelte einen beträchtlichen Einfluss für die gesamte Entwicklung Griechenlands und wurde vor allen wichtigen Unternehmungen wie z.B. vor Kriegen, vor Gründung von Kolonien etc. befragt.

Es entwickelte es sich zu einem bedeutenden politischen Faktor. So berichtet der wohl berühmteste antike Historiker Herodot, dass der lydische König Krösus das Orakel von Delphi befragte, bevor er 546 v. Chr. gegen den Perserkönig Kyros II. ins Feld zog.
Von der Antwort, er werde ein großes Reich zerstören, ermutigt, wagte Krösus den Angriff, unterlag aber – schiefgelaufen, die Weissagung war nicht auf das Perserreich, sondern auf sein eigenes Reich bezogen.

Eine der bekannteste Orakel sind zum Teil mehrfach überliefert, einige haben in den Kanon der Bildung des modernen Eropäers Einzug gefunden. Gyges – und Krösus über Herodot, Chairephon/Sokrates über Platon, Alexander der Große durch Plutarch, Pyrrhos durch Cicero, Die Spende des armen Bauern durch Theopomp und
Julian durch Philostorgios. Die berühmteste Geschichte des Orakels von Delphie mit den wohl nachhaltigsten Auswirkungen auf das Denken im 20. Jh. durch Sigmund Freud, aber war und ist die Geschichte des König Ödipus, die u.a. von Sophokles überliefert ist.

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