Heidelberg

Bekannt wie ein bunter Hund

Zu schön, um wahr zu sein.

Heidelberg - Baden-Württemberg

Am Beginn unserer Reihe: Historische Städte Deutschlands haben wir geschrieben: Über Heidelberg in historischer Hinsicht kann man kaum noch etwas Vernüftiges schreiben. Zu sehr haben die „Memories of Heidelberg“ alles Geschichtliche in den Abgrund banaler Romantik gezogen, um sofort auf das bedeutende Wirken von Dichtern wie Friedrich Hölderlin, Achim von Arnim, Clemens Brentano und Joseph von Eichendorff hinzuweisen, das bekannt geworden ist als „Heidelberger Romantik. Die Heidelberger Romantik ist zum Inbegriff für die geistige Entwicklung der Stadt geworden wie ihre Universität, ihr Schloss, ihre Lage am Neckar, wo dieser den Odenwald verlässt und in den Oberrheingraben eintritt, an dessen rechten Neckarufer sich der Heiligenberg (445 m), im Süden der Königstuhl (568 m) und der Gaisberg (375 m) erheben.

Heidelberg - Baden-Württemberg

Heidelberg ist, durchdringt man die zahllosen Klischees, die mit dieser Stadt eng verbunden sind, ein wenig, zuallererst Universitätsstadt. Die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg wurde 1386 gegründet und ist die älteste Universität auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Ihr Campus ist aufgeteilt auf zwei Stadtgebiete sowie mehrere Einzelgebäude: In zahlreichen historischen Gebäuden in der Altstadt befinden sich die Geistes-, Sozial- und Rechtswissenschaften. Die Naturwissenschaften und Medizin sind zum überwiegenden Teil auf dem neuen Campus im Neuenheimer Feld angesiedelt.

Sie wurde zum Ort zweifelhafter Veranstaltung während der Nazizeit, an deren Spitze die berühmte und der Alma Mater wohl auf ewig peinliche Rede des damals deutschesten aller deutschen Philosophen, Martin Heidegger, steht. In seiner Gast-Rede in der Universität Heidelberg am 30. Juni 1933 über „Die Universität im Geiste des Nationalsozialismus“ trat er in eine intellektuelle Verbindung, die den Willen des Führer das Sein, wohl das deutsche Sein verkörpern ließ. (Zitat: „Der Wille des Führers verkörpert das Sein.“), um gleich anschließend den germanischen Treueschwur von den Zuhörerinnen und Zuhörern und der gesamten Jugen Deutschlands auf den Führer zu fordern.

Einen Eid auf Hitler zu leisten, nicht weniger verlangte Heidegger, damals nicht weit entfernt von Freiburg im Breisgau, seiner eigentlichen geistigen Heimat, und schrieb seine Rede, das goldene Gedächtnis der Stradt stark trübend in deren geistiges Archiv.
Die Universitätsstadt Heidelberg war damals schon und eigentlich die Alma Mater Deutschlands. Sie hatte mehr Nobelpreisträger als andere Universitäten auf deutschem Boden, alle aber kamen aus den Naturwissenschaften. Leider lagen auch die Wahlergebnisse der NSDAP in Heidelberg meist über dem Durchschnitt der Ergebnisse im Reich oder in Baden; so peinlich dies auch sein mag, Heidelberg war in vielerlei Hinsicht Exzellenz-Universität.

Heidelberg - Baden-WürttembergHeidelberg - Baden-WürttembergIm Vergleich mit dem übrigen „Reich“ aber war Heidelberg im arischen Rassismus und seinen fatalen Folgen für die Juden nicht erfolgreicher als der Durchschnitt. Der war nur leider auf so hohem Niveau quer durch das Land, dass auch die Stadt Heidelberg allein an einem Tag, am 22. Oktober 1940 in der „Wagner-Bürckel-Aktion“ über 6.000 badische Juden, darunter 280 aus Heidelberg, in das Internierungslager Camp de Gurs nach Südwestfrankreich deportierte, von denen nur sehr wenige überlebten.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 begann auch in Heidelberg die hochgradig organisierte Diskriminierung von Juden und anderen „Nichtariern“, so dass bis 1939 die Heidelberger Universität mehr als ein Drittel ihres Lehrkörpers aus rassistischen oder politischen Gründen verlor.

Dabei stand Heidelberg durchaus in einer kritischen geistigen Tradition, die schon im 16. Jahrhundert unter Kurfürst Ottheinrich (1556–1559) begann und mit der Einführung der Reformation unter dessen Nachfolger Friedrich III. eine glühende Fortsetzung fand. Heidelberg zog alsdann Studenten und Wissenschaftler aus ganz Westeuropa an und galt nach Leiden als drittes Genf. 1563 erschien in Heidelberg der Heidelberger Katechismus und 1572 die erste deutsche Gesamtübersetzung der Institutio Christianae Religionis, des Hauptwerks von Johannes Calvin.

Reformation und Calvinismus trieben einige Veränderungen in der Stadt an, worunter auch die „Neuausrichtung“ des Heidelberger Schlosses fällt. Das Schloss wurde damals wesentlich erweitert und von einer mittelalterlichen Burg zu einer neuzeitlichen Residenz umgestaltet. Und um seiner Gattin, der englischen Königstochter Elisabeth Stuart, ein standesgemäßes Hofleben bieten zu können, ließ Kurfürst Friedrich V. (1610–1623) das Heidelberger Schloss durch den Bau des Hortus Palatinus umgestalten. Der galt als einer der bedeutendsten Renaissance-Gärten in Deutschland und zugleich zu seiner Zeit als einer der berühmtesten Gärten Europas.

Heidelberg - Baden-Württemberg

Heidelberg - Baden-WürttembergHeidelberg - Baden-WürttembergHeidelberg - Baden-WürttembergWeniger erfolgreich war Friedrich V. auf politischem Terrain. Immerhin hatte er sich als Führer und Leitfigur der Protestantischen Union etabliert, wurde so in die Wirren des Dreißigjährigen Kriegs verwickelt, konnte sich aber nicht gegen den katholischen Kaiser durchsetzen und wurde 1620 in der Schlacht am Weißen Berg geschlagen. Wegen seiner kurzen Herrschaft ging er als „Winterkönig“ in die Geschichte ein.
In den ersten Wochen des Septembers 1622 belagerte Johann T’Serclaes von Tilly als Heerführer der Katholischen Liga Heidelberg erfolgreich. Die Einnahme Heidelbergs erfolgte am 16. September. Die Stadt blieb, abgesehen von einer schwedischen Besatzung zwischen 1633 und 1635, bis zum Kriegsende bayerisch besetzt. Während dieser Zeit schenkte Herzog Maximilian I. von Bayern die Bibliotheca Palatina dem Papst, so dass sich heute große Teile davon in der Bibliotheca Vaticana befinden.

Heidelberg wurde vom Dreißigjährigen Krieg schwer getroffen, in Teilen ganz zerstört und die Bevölkerung litt bittere Not. Im Westfälischen Frieden, der 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete, wurde die Kurpfalz wiederhergestellt, verlor dabei aber viel von ihrem einstigen, politischen Gewicht. Dann kamen die FRanzosen. Sie brachen einen Erbfolgekrieg vom Zaun und kein Geringerer als Ludwig XIV., der Bourbonen-König, sandte seine Soldaten gen Heidelberg.
Im Verlaufe dieses Krieges wurde die Stadt zweimal, 1688 und 1693, von französischen Truppen eingenommen und komplett verwüstet. Nachdem der Erbfolgekrieg 1697 beendet war, baute man das zerstörte Heidelberg im Stil des Barock auf mittelalterlichem Grundriss wieder auf. Das Heidelberger Schloss war nach der Zerstörung durch die Franzosen unbewohnbar und gefiehl auch nicht mehr im alten Stil den neuen Herrschern. Nach und nach verlor Heidelberg seine Herrscher und feudalen Gefolgsleute und damit auch seinen politischen Einfluss wie auch seinen Wohlstand.

Heidelberg - Baden-WürttembergHeidelberg - Baden-WürttembergIm Vormärz, der Epoche der deutschen Geschichte zwischen der Julirevolution von 1830 und der Märzrevolution von 1848, sammelt die Stadt einiges an politischer Reputation.
An der Heidelberger Universität verbreiteten sich nationale, liberale und demokratische Ideen, versammelten sich am 5. März 1848 liberale und demokratische Politiker aus Südwestdeutschland zur Heidelberger Versammlung der 51, die maßgebliche Impulse zur Konstituierung der Frankfurter Nationalversammlung setzte.

Nach dem Scheitern der Nationalversammlung wurde der Maiaufstand in Baden von preußischen Truppen niedergeschlagen. Auch in Heidelberg kam es zu Kämpfen gegen liberale Freischärler.
In politischer Hinsicht war der Vormärz durch das Aufkommen von Nationalismus, Liberalismus und Sozialismus sowie durch die dagegen gerichtete restaurative Politik der Verfolgung und Unterdrückung geprägt.

Liberale Freischärler kämpften gegen das Bollwerk der Restauration, der Wiederherstellung der alten Mächte, gegen die sogenannte Heilige Allianz aus Preußen, Russland und Österreich. Nach dessen Staatskanzler und Außenminister wird diese Epoche auch als Ära Metternich bezeichnet.

Ihr folgte die Zeit des Biedermeiers und der Industrialisierung, die aber an Heidelberg zunächst spurlos vorbeiging. Tourismus und die Eingemeindung zahlreicher Ortschaften ließen die Stadt nominell und wirtschaftlich wachsen. Sie überstand den Zweiten Weltkrieg ohne nennenswerte Zerstörungen und profitierte in der Besatzungszeit der US-Amerikaner vielfältig vom Standort als Hauptquartier und einer kaum nachvollziehbaren Zuneigung zur Stadt, vor allem zur Universität.
Die Uni mit Uni-Klinikum, der Tourismus, einige bedeutende Unternehmen wie etwa SAP, Heidelberger Druckmaschinen, Dienstleistungsunternehmen u.a.m. sichern nachhaltig einen guten Wohlstand in der Stadt. Aber alle zusammen können nicht verhindern, dass Heidelberg trozt bewegter Geschichte zu einem Klischee geworden ist.

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