Palermo - Seite 3

Faszinierendes, lärmendes Chaos

In der Albergaria. Unterwegs von der Fontana Pretoria zur Kathedrale.

Fontana Pretoria - Palermo

Den Stadtteil Albergaria erwandern Sie am besten, wenn Sie nicht die Via Ettorio Emanuele Richtung Westen zur Piazza Indipendenza wählen. Wählen Sie besser für ihren Hinweg eine der vielen kleinen Gassen nördlich oder südlich der Emanuele und lassen Sie sich einfach einmal durch das Viertel treiben, da, wo seine Einwohner Ihnen einen etwas intimeren Einblick in ihren Alltag gewähren. Die Vielzahl an Geschäften, Trattorien, Märkten, Handwerksbetrieben und Läden aller Art erinnert noch an Zeiten, als Supermärkte noch nicht ganze Viertel bei uns verödet haben.

Die Fontana Pretoria ist ein grandioser Brunnen aus dem 16. Jahrhundert auf einem extra für ihn angelegten Platz, der Piazza Pretoria, errichtet und aus 644 Einzelteilen bestehend, dabei die beeindruckenden, an den Becken und auf den Geländern der Treppen stehenden und liegenden Statuen von Flussgöttern und Nymphen. Der Brunnen befindet sich heute vor dem Palazzo Pretorio, dem  Rathaus der Stadt, und der unscheinbaren, aber höchst beeindruckenden Dominikanerkirche Santa Caterina unweit der Kreuzung Quattro Canti.

Gleich gegenüber findet man die Chiesa San Cataldo und die Santa Maria dell‘ Ammiralio, gleich dahinter befinden sich Teile der Universität mit der Juristischen Fakultät und ihrem Kreuzgang sowie ein kleines Studentenviertel mit herrlich preiswerten und atmosphärischen Kneipen.

Die Quattro Canti darf als Höhepunkt des bauwerklichen Schaffens der Spanier bzw. Bourbonen in Palermo angesehen werden und gilt als das bekannteste Werk aus der Zeit des sog. spanischen Barock. Die Quattro Canti – die vier Ecken – bilden den Kreuzungspunkt der Via Vittorio Emanuele und der Via Maqueda in der Altstadt von Palermo. Entlang dieser beiden Straßen können Sie weitere Barock-Gebäude aus spanischer Zeit bewundern.

Die Besonderheit der Quattro Canti liegt darin, dass die Fassaden der vier Häuser der Kreuzung aufeinander abgestimmt sind. Jede der vier unteren Etagen ist mit einem eigenen Brunnen geschmückt, in der mittleren Etage steht je ein in Stein gehauener spanischer König und über allem schwebt in der oberen Etage die Schutzheilige des jeweiligen Stadtteils.

Muquara in der Kirche San Caldo in PalermoChiesa di San Cataldo - PalermoGleich um die Ecke befindet sich die Chiesa di San Cataldo, eine Kirche aus dem 12. Jhd. n.Chr. die eine der letzten Kirchen auf Sizilien im arabisch-normannischen Stil ist.

Das dreischiffige Innere mit seinen Rundbögen, die auf antiken Säulen mit korinthischen Kapitellen ruhen, umgibt den Besucher mit einer Atmosphäre, die gänzlich verschieden ist von der in den barocken Kirchen der Stadt.

Schon von aussen erkennt man die fremdartige Architektur an dem kubusförmigen Langbau, dessen Fassaden mit Blendbögen geschmückt sind und nur in ihrem oberen Teil kleine Fenster ausweist sowie den drei halbkugelförmigen Kuppeln auf der Längsachse.

Innen sehen Sie herrliche, sehr gut erhaltene normannische Bodenmosaiken sowie die für diese Architektur typischen Muquarnas. Das sind abgestufte, spitzbogenarte Elemente, teilweise reich verziert, die auf das 10 Jhd. n.Chr. zurückgehen und von den Persern als Architekturelement eingeführt und  über den gesamten islamischen Raum verbreitet worden sind.

Absolute Höhepunkte in diesem Viertel sind natürlich der Dom (die Kathedrale bzw. der Normannenpalast) und die Capella Palatina.

Der Dom heißt eigentlich Kathedrale Maria Santissima Assunta und wurde in seiner jetzigen Form 1184/1185 im normannisch-arabischen Stil errichtet. Wo heute der Dom steht, hat Papst Gregor der Große bereits im 6. Jhd. eine Kathedrale errichtet, die von den Arabern zu ihrer „Großen Moschee“ umgewandelt worden ist, zu der nicht nur das Gebetshaus für das Freitagsgebet, sondern auch eine Hochschule (Madrasa), Bibliotheken, Bäder usw. gehörten.

Alles das wurde im 12. Jhd. leider abgerissen, aber von seiner Rückseite aus gesehen, also von der Piazza Sette Angeli, wo einst auch der Haupteingang lag, zeigt die Kathedrale eine wunderschöne Fassade, die noch sehr stark von der arabischen Architektur geprägt ist.

Der Normanne Roger I. führte nach der Herrschaft der Araber die Kathedrale wieder der christlichen Funktion als Sitz des Erzbischofs zu. Im 14. bis 16. Jahrhundert erfuhr das Bauwerk fortlaufende Erweiterungen.
Die ursprünglich nicht über das Mittelschiff hinausragenden vier Ecktürme bekamen einen gotischen Aufsatz. Der Haupteingang wurde von der Westfassade auf die Längsseite im Süden der Kathedrale verlegt. Ein großer Vorplatz wurde geschaffen, der gerne von Besuchern zur Ruhe und Bewunderung des Bauwerks genutzt wird.  Das Südportal erhielt einen Portikus im Stil der katalanischen Spätgotik.

1781 bis 1801 veränderte Ferdinando Fuga das äußere und innere Erscheinungsbild der Kathedrale erneut grundlegend. Fuga errichtete eine klassizistische Kuppel über der Vierung und ersetzte die Dächer der Seitenschiffe jeweils durch eine Reihe kleinerer Kuppeln, die nun das Erscheinungsbild der Außenfassade des Mittelschiffs prägen.

Im Inneren der Kathedrale befinden sich die Gräber der Stauferkaiser Heinrich VI., Friedrich II. und von Königin Konstanze von Sizilien.

Wer sich der Kathedrale von Nordwesten her nähert, tut gut daran. Denn die Albergaria zeigt hier noch ihr altes, sehr typisches Gesicht eines sizilianischen Viertels, besonders zwischen dem Theatro Massimo und dem Dom, wo sich ruhige Gassen, kleine, verträumte Plätze und fantastische Kirchen mit teils ausschweifender barocker Innengestaltung abwechseln. Ein ganz besonders Highlight ist hier die Chiesa Sant’Agostino in der Via Francesco Raimondo, die zwar einen kleinen Obolus für den Eintritt verlangt, den Sie aber fraglos akzeptieren sollten.

 

Bitte lesen Sie weiter auf Seite 4: In der Albergaria. Normannenpalast und Capella Palatina.

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