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Die Lust, zu weit zu gehen …
Manchmal wird es gerade dann richtig interessant, wenn alle sagen: „Jetzt gehen Sie aber wirklich zu weit!“ Denn genau das bekommen Sie zu hören, wenn Sie vorhaben, zufuß von München nach Venedig zu gehen.
Damit Sie eine ungefähre Vorstellung haben: Das ganze dauert ca. drei Wochen. Der Weg über die Alpen auf den eigenen Füßen wird immer beliebter. Immer mehr Menschen stecken ihre Füße in wasserdichte Sport-Boots, schultern den Rucksack und ziehen mit Kartenmaterial los.
Folgen sie dabei Vorbildern wie Hannibal oder Ötzi? Oder wollen Sie einfach nur etwas völlig anderes als im Alltag erleben? Ich garantiere Ihnen: Wenn sie in Venedig ankommen, werden Sie es wissen.
Unterwegs zu dir selbst. 3 Wochen nachhaltige Selbst- und Naturerfahrung.
Gehen wir los. Von München, am besten früh morgens – dann hat man noch den ganzen Tag – geht es die Isar entlang über Pullach bis Schäftlarn. Eigentlich gehört noch fast die Hälfte des Weges des ersten Tages zum Stadtgebiet von München, aber an der Isar merkt man nichts davon. Man ist sofort im Grünen. Das Kloster Schäftlarn ist für die meisten erstes Übernachtungsziel. Hier gibt es die verdiente Brotzeit im Biergarten.
Weiter geht es dann am nächsten Morgen vorbei am Ickinger Wehr zur Puppinger Aue bei Wolfratshausen. In der grünen, wild zugewucherten Puppinger Aue fühlt man sich auf dem schmalen Wanderweg wie in in einer Art Miniatururwald.
Man kann planen, soviel man will, der Weg von München nach Venedig steckt voller Überraschungen. Die erste Überraschung kam mir gleich in der Puppinger Aue in Form zweier Nacktwanderer entgegen. Zwei junge Münchner um die 30, bestens gebaut, bestens tätowiert und gepierct, aber in stabilen Wanderstiefeln mit dicken Funktionssocken.
Der Weg ist eng und man kommt kaum aneinander vorbei. Nun sind Wanderer freundliche Leute, auch wenn sie nackt sind und gepierct. Ich höre ein ganz konventionelles „Grüß Gott“. Das fand ich irgendwie unpassend. Aber so grüßen wandernde Bayern eben, ob nackt oder nicht. Ich habe das Gefühl, vor Lachen zu platzen, aber das traue ich mich natürlich nicht. Der Weg ist eng, die Jungens sind stärker als ich und wir sind allein.
Weiter nach Waldram, Ascholding und dahinter St. Georg. Immer wieder beeindruckend die alten Häuser mit den Lüftelmalereien in Bad Tölz, dem Ziel des zweiten Tages, das man Richtung Isarwinkel wieder verlässt.
Wenn man den Weg München-Venedig wirklich ab München macht, hat das den Vorteil, dass man an den ersten beiden Tagen fast keine Steigungen gehen muss und herrlich ins Wandern hineinkommt. Erstes Berggefühl gibt es auf der Brauneck. Hier erwischt uns allerdings auch das erste Mal so richtig schlechtes Wetter. Uns, das sind neben mir noch Elke und Rainer. Wir haben uns auf der Brauneck instantan kennengelernt, als das schlechte Wetter uns allen nahelegte, uns nach Mitwanderern umzusehen. Für Elke und Rainer ist der gemeinsame Weg nach Venedig ihre Hochzeitsreise.
An Tag vier geht es runter nach Jachenau. Zum Glück lässt das Mistwetter nach. Der Bergwald wirkt wie ein vom Boden her dampfender Suppentopf. Wir erleben die erste Überraschung: In Jachenau finden wir kein Hotelzimmer. Nicht weil es da keine gäbe, sondern weil wir einen katholischen Feiertag übersehen haben, zu dem das Dorf all zu gut besucht ist. Zum Glück lernen wir den Bürgermeister kennen. Ein sehr zuvorkommender, besorgter Mann, der uns netterweise und ganz kostenlos in der örtlichen Turnhalle unterbringt. Die Duschen sind prima und auf den Turnmatten schläft sich nicht schlecht.
Als wir gegen 21 Uhr gerade dabei sind, einzuschlafen, öffnen sich die Tore und die örtliche Peitschenknallergruppe (man spricht wohl von »Goaßlschnalzern«) kommt zum Training herein. Es ist Festtag, etwas muss noch geübt werden, bis es sitzt.