Geheimtipp Portugal: Beja

Wilder, traumhafter Atlantik.

Von Lissabon nach Vila Nova de Milfontes.

Milfontes, PortugalMilfontes, PortugalMit dem Wagen braucht man von Lissabon aus über die E1 etwa 90 Miniuten. Die Landstraße von der E1 in den Ort zieht sich. Ein Bus fährt die Strecke auch im Regelverkehr. Wo der hält, im kleinen Zentrum des Ortes, den man hier nur Milfontes (sprich: Milfontsch) nennt, können Sie ruhig gleich mal eine der Bars aufsuchen und Vino Verde bestellen und wenn Sie noch keine Unterkunft gebucht haben, hier erhalten Sie schnell alle nötigen Informationen.

In den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts war der weiße, malerisch an der Mündung des Rio Mira gelegene Ort unter Hippies ein Geheimtipp. Die Gegend war arm, spärlich bewohnt, also beste Voraussetzungen für ein, auf’s materiell Nötigste reduziertes Leben plus Haschisch, Gitarre und Bongos. Die stark religiösen Einheimischen waren monatelang schockiert, gelinde gesagt, als sie die nudistischen Flower Powers, die in der Stärke von ein paar Dutzend anfangs in den Höhlen am Flussufer campierten, als neue Mitbewohner in ihrer Gemeinde entdeckten.

Schnell wurden es mehr und die Befriedigung ihrer lebenserhaltenden Bedürfnisse zu einem wirtschaftlichen und kulturellen Faktor. Die Buslinie nach Lissabon verkehrte bald mehrmals täglich, da die Hippies ihr Silberhandwerk und ihre Batiken in der Haupstadt verkauften, mit frischen Drogen und Geld zurückkamen, das sie dann in Milfontes auf dem Markt und bei den Fischern gegen die notwenigen Mittel des täglichen Bedarfs eintauschten. Das mit den Nacktparties am Strand blieb zwar vor allem bei den Damen des Ortes tabu, die Männer und die Jugend gewöhnten sich schneller daran.

Heute ist Milfontes zwar nicht mehr ein Geheimtipp für Aussteiger, aber immer noch nicht vom Tourismus überlaufen, obwohl es hier einige sehr schöne Strände und mittlerweile ein ganze Anzahl guter Hotels und Appartments gibt. Hier fängt gewissermaßen der wenig frequentierte Teil der Atlantikküste an und das Um- und Hinterland hier an der Grenze der Provinz Beja stellt sich dem Interessierten als typisch portugiesisch vor. Sines im Norden, Odemira im Südosten sind nur zwei sehenswerte Orte nah bei, das Alentejo mit seinen sanften Hügeln und den Tausenden von knorrigen Korkeichen beginnt quasi vor der Haustür.


Von Vila Nova de Milfontes nach Carrapateira.

Carrapateira, Portugal
Carrapateira, PortugalVon Milfontes geht es mit dem Auto etwa 60km über Odemira und Aljezur weiter am Antlantik entlang in Richtung Süden. Bei Bordeira biegt man dann ab nach Westen und kommt nach kurzer Fahrt auf dem Dorfplatz von Carrapateira an, auf dem ein Hund in der Mitte liegt und schläft; so tief, dass auch Ihr heran rollendes Fahrzeug ihn nicht zu bewegen vermag;
Sie werden ausweichen, ganz bestimmt.

Innen in der alten Bar am Platz ist es nicht anders. Dort schlafen ein paar Dorfbewohner und die Bedienung und spätestens jetzt kommt man sich vor wie im Film: High Noon.
Die Luft flirrt vor Hitze draußen vor der Tür, grell steht das Sonnenlicht senkrecht -. warum der Hund nicht in den Schatten geht, weiß auch niemand. Setzen Sie sich einfach auch hin und machen ein Nickerchen; das schadet ja nicht.

Carrapateira, PortugalNach weniger als einer Stunde wird dann bestimmt jemand in der Bar wach, sieht Sie, lächelt breit und sagt, den Zeigefinger hoch in die Luft reckend: „Sole, eh“, womit er Recht hat und schon weniger als eine Viertelstunde später bringt die Bedienung ein Glas Vino Verde, den man zwar nicht bestellt hat, der aber schön kühl ist und erfrischend.
Dann irgendwann beginnt das Leben im Ort, was man daran merkt, daß der Hund den Dorfplatz verläßt.

Kommt man von Süden ist der Weg nicht weniger schön, ganz im Gegenteil. Die von Pinien gesäumte Straße N268, auf der man Sagres Richtung Norden verlässt, entpuppt sich sehr schnell als eine echte Traumstraße à la Highway No. 1 in Kalifornien. Nur, dass Big Sur, Carmel oder Monterey hier Carrapateira, Bordeira oder Odeceixe heißen.

Wer also von der N268 Richtung Küste abbiegt, kann sicher sein, unvergessliche Ausblicke auf hellsandige Buchten, eine zerklüftete Steilküste aus dunklem Schiefer und die weiß schäumenden Kronen der ohne Unterlass anrollenden Atlantikwellen zu erleben. Und das alles nicht in Kalifornien, sondern quasi um die Ecke.

Carrapateira, PortugalRestaurant Situ do Forno, Carrapateira, PortugalDas Dorf Carrapateira wurde im 12. Jahrhundert gegründet. Sagres ist bekannt als der westlichste Punkt des europäischen Festlandes.
Von Carrapateira zogen einst die Walfänger aus, die nicht weit von der Küste schon auf die ersten Riesen-Meeressäuger treffen sollten.

Die Surfer, die heute die Küste zwischen Sagres und Carrapateira nach Wellen absuchen, interessiert das eher weniger. Sie sind allein wegen der hervorragenden Bedingungen an den herrlichen Küsten hier.

In Carrapateira oder in Sagres treffen sich die Wellenreiter etwas später am Morgen als die sonstigen Besucher in den kleinen Cafés zu meia de leite, Milchkaffee, und einem typisch portugiesischen Croissant.

Nach dem Frühstück gönnen sich viele noch müde vom frühmorgendlichen Surfen einen Vormittagsschlaf oder hocken sich in ein Internetcafé und recherhieren die Wellenvorhersage für die nächsten Tage.

Im Reguengo geht man reiten, mit und ohne Sattel, in Carrapateira besucht man die Festung von 1673, die die Küste gegen die marokkanischen Piraten verteidigen half und in Bordeira wartet eine außen schlichte Pfarrkirche, die aber mit einem barocken Innenraum und mit von aufwendigen Holzschnitzereien verzierten Hoch- und Seitenaltären überrascht.

Es ist die Summe vieler kleiner Sehenswürdigkeiten, historischer Hinterlassenschaften und Überraschungen, die einen Besuch hier im Grenzland zwischen Algarve und Alentejo zu einem intensiven Erlebnis werden lassen. Vor allem in der Vor- und Nachsaison ist von Massentourismus kaum etwas zu spüren, Bettenburgen trüben nirgendwo das Bild der von Pinien, Korkeichen, Eukalytusbäumen und im Wind sanft rollenden Feldern geprägten Landschaft.

Zwischen den Städten Sagres und Sines bewahrt ein teilweise etliche Kilometer ins Landesinnere ragender Naturpark, der „Parque Natural do Sudoeste Alentejano Costa Vicentina“, die Region vor den ausufernden Folgen des Massentourismus‘, wie man ihn an den roten Felsen der „Reisekatalog-Algarve“ nur all zu häufig erlebt.
Besonders von Mai bis Juni und von September bis Oktober ist der Südwesten Portugals Sehnsuchtsziel für alternative Individualreisende, leidenschaftliche Surfer, Tramper, Wanderer, Reiter, Genießer aller Art und nicht zuletzt und zunehmend von Golferinnen und Golfer, die einfach mehr erleben möchten, als sechs Plätze in fünf Tagen, zumal es bis zum Morgado Golf & Country Club an der Algarve oder zu den Clubs in und um Lissabon nicht sehr weit ist.

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