Jahresabschluss-Essen Seniorenkreis 2019

Seniorenkreis-HubbelrathGolfclub Hubbelrath - Senioren Jahresabschluss 2018Zum Jahresabschlussessen der Senioren war geladen und viele waren gekommen, einige als Singles, die meisten paarweise. Nach guter Tradition war der Ablauf des Abends einigermaßen bekannt, nur das Thema der Rede unseres „Leitenden“ war den meisten wohl geheim geblieben: das Essen als kulturelle und vor allem, als sinnliche Angelegenheit; sagen wir, als sinnlicher Genuss, was ja nicht unbedingt immer und an jedem Ort stimmen musss. Unnachahmlich setzte Bernd seine Worte wohlgeformt zum Thema, was schon mal für sich ein Genuss war, aber mehr fürs Ohr, als die anderen Sinne. Er garnierte an den richtigen Stellen eine ganze Reihe Fakten zum Thema und entwarf ganz en passant eine kleine Sinnenlehre des Essens mit dem Geruchssinn als obersten Genussträger.

Was Bernd nicht ausführte war, dass gerade die olfaktorischen Sinnenfreuden in manchen Gegenden und Kulturkreisen beim Essen doch arg in Bedrängnis geraten können, wenn etwa in Schweden das Nationalgericht Surströmming oder in Schottland Haggis serviert werden. Surströmming ist eine schwedische Fischspeise aus Hering, durch Säuerung konserviert, die doch recht intensiv, faulig und stinkend riecht und sogar als solches olfaktorisches Erlebnis justiziabel geworden ist. Er verströmt einen derart bestialischen Gestank, dass das Öffnen einer Dose in einem deutschen Mietshaus ein Grund zur Kündigung war, wie das Landgericht Köln einst befand. Auf Flügen von British Airways und Air France ist das Mitführen der Gammelkonserve verboten, auch wegen Explosionsgefahr beim Öffnen der fischigen Büchse der Pandora.

Seniorenkreis-HubbelrathSeniorenkreis-HubbelrathZum Haggis mag man den schottischen Nationaldichter, Robert Burns, hören, wenn er schreibt: „Schön, dich zu sehen, altes Fettgesicht, / mächtiger Clanchef der Wurst-Rasse! / Über allem anderen thronst du, / Magen, Därm’, gar Knorpel und Bindegeweb’ …
Und dann, oh, welch ein wundervoller Anblick / Warm dampfend, reich!“
Viele Länder kennen Spezialitäten, die Fremde niemals anrühren würden. In Singapur darf die Durian-Frucht nicht in der U-Bahn transportiert werden, weil sie einen intensiven Geruch nach verfaultem Fleisch verbreitet. Viele Südostasiaten schätzen aber ihr unvergleichliches Aroma und sagen, darauf angesprochen, dass die stachelige Frucht nach Walnuss und Vanille schmecken soll, mit einem deutlichen Hauch Zwiebelaromen. Nun ja, man muss es probieren.
Die Sarden verspeisen gern gut gereiften Ziegenkäse, dessen Reifegrad sie an der Anzahl der Maden erkennen. So ähnlich bezeichnen die Ureinwohner Taiwans gut gereifte Innereien von Hase oder Hirsch als „Fleischsprossen“, wegen des Madengewimmels.
Die Isländer lassen Rochen (kæst skata) und Grönlandhai (hákarl) auf kunstvolle Weise vergammeln, die Färöer verfahren so mit Hammelfleisch (ræst kjøt) und die Franzosen mit Fasan und anderem Wildbret; und stets schwärmen die Landestöchter und -söhne vom Geruch ihrer traditionellen Gerichte, den strengen Geruch vergammelten Fasan nennen unsere französischen Freundinnen und Freude ganz fein: haut goût.
Man ersinnt ganz leicht, dass in den nationalen Eigenheiten der hohen Kochkunst der Ekel disponibel ist, also nicht in unseren Nasen oder gar Genen fest verankert und für alle Menschen gleich ist, sondern erlernt wird. Wenn wir also z. B. keine Insekten essen, dann liegt es nicht daran, dass Insekten eklig sind, sondern sie sind eklig, weil wir nicht gelernt haben sie zu essen, sondern eben als eklig zu empfinden.

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Das mag den ein oder anderen von uns beruhigen, sind doch die Essgewohnheiten komplexe Anamnesen unserer Sinne, überliefert durch Kultur, Tradition und Familie. Und schaut man dem genauer zu, dann erkennen wir darin, dass es die auf eine jeweils genussvolle Art und Weise vorgetragenen Geschichten sind, in denen unsere ganz persönlichen Genuss- und Schlemmer-Erfahrungen aufgehoben sind, die uns auf sinnliche Art und Weise genießen lassen oder nicht.

Seniorenkreis-Hubbelrath - HaggisUnd weil Bernd ein Meister des genussvollen Vortrages ist, in dem er nicht nur Informationen zum Besten gibt, sondern auch eine gespannte, erwartungsfrohe Stimmung zu erzeugen in der Lage ist, was beileibe nicht jedem Redner gelingt, hat sein Vortrag über das Essen auch einen unbezahlbaren, kulturellen Dienst erwiesen. Nicht, weil er natürlich nicht von den Länderspezialitäten, die eben erwähnt wurden, sprach, sondern von dem, was den Seniorinnen und Senioren kurz bevor stand. Und da hat Bernd ein unübertroffenes Händchen, den Anwesenden durch sein „Speech“ und mit berufenen Ratschlägen, doch den Genuss des Essens durch langsames Zerkleinern länger zu genießen, als dadurch eben die olfaktorische Vielfalt unserer exzellen Küche im Club freigesetzt wird, wie Kenner auch den Wein schlürfen und nicht einfach runtersaufen; entsprechende Geräusch habe ich aber dann nicht vernommen an meinem und am Nebentisch.

Nicht zulange, so fein abgestimmt wie ein gutes Gericht, hat Bernd also zu Tisch gesprochen und man konnte die Freude auf die kommenden drei Gänge in so manchen Augen regelrecht sehen, als dann aufgetragen wurde. Und die drei Gänge des Abends waren aller Reden über Genuss beim Essen wert; ein Hoch auf die Küche in Hubbelrath!

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Seniorenkreis-HubbelrathEs muss erwähnt werden, gleichwohl es wie jedes Jahr abläuft, nach der Haute Cuisine folgt die Siegerehrung mit dem fast schon notorischen Gewinner Rolf Kämmerling.
Dass der aber im Brutto Ergebnis mit 165 Punkte zum Zweiten, dem durchaus auch überdurchschnittlich begabten Alexander Görgel (106 Punkte), also mit 59 Punkten Abstand mal wieder die Siegerschale eingesackt hat, grenzt an Terror.

Und wie ich leise vernehmen konnte, gab es am Tisch 3 Absprachen zur Gründung einer Untergrundgruppe mit dem Ziel, die Siegesserie von Rolf im nächsten Jahr unbedingt zu verhindern, etwa mit Anrufen wie: Hallo Rolf, dein Onkel aus Amerika landet heute (Mittwoch) Mittag in Düsseldorf und möchte von dir am Flughafen abgeholt werden – oder ähnliche. Einige der diesjährigen Dritt- und Viertplatzierten sollen sich auch schon für den Gang in den Untergrund entschieden haben.

Golfclub Hubbelrath, Deutschland Sehr still wurde es und viele waren sichtlich ergriffen, als Bernd an die beiden, in diesem Jahr verstorbenen Senioren, Scholten und Hostert, erinnerte. Beide lange dabei, beide mit vollem Einsatz und Herzen, sehr beliebt bei allen. Als Frau Hostert zum Mikrofon griff und mit bewegenden Worten in Memoriam an Ihren Gatten einen Preis stiftete, konnte man eine Stecknadel fallen hören. Der Kreis erhob sich schweigend im Andenken.

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