Landsberg am Lech

Sieg über die Menschlichkeit

Getrübte Schönheit.

Landsberg am Lech - Bayern
Landsberg am Lech - BayernLandsberg am Lech - BayernLandsberg am Lech gilt weithin als eine schöne Stadt, als eine Große Kreisstadt und als Verwaltungssitz des gleichnamigen Landkreises im Regierungsbezirk Oberbayern. Das Mittelzentrum liegt an der berühmten Romantischen Straße – die in Wahrheit eine Erfindung eines findigen Bürgermeisters ist und zählt laut Deutschem Wetterdienst zu den sonnigsten Städten Deutschlands; das ist ja schon etwas.
Die historische Altstadt liegt malerisch eingebettet zwischen dem Lech und seinem östlichen Ufer. Die Stadtviertel westlich des Lechs – Katharinenvorstadt, Neuerpfting, Weststadt, Schwaighofsiedlung – heute der weitaus größte Teil des Stadtgebietes – und auf dem östlichen Hochufer Bayervorstadt entstanden aber erst ab dem 19. Jahrhundert.

Im Jahr 1135 urkundlich erwähnt und durch die Verlegung der wirtschaftlich bedeutenden Salzstraße auf eine südlichere Route und nun über eine Brücke am Lech führend durch Ihre Majestät, Herzog Heinrich der Löwe, wurde aus einer unbedeutenden eine wirtschaftliche und vor allem strategische Siedlung mit Burg und Kloster.
Die Burg schützte im wesentlichen das Recht und die nicht unerheblichen Einkommen aus dem sogenannten „Salzpfennig“, der der Stadt einen sichtbaren Wohlstand mit der Zeit sicherte. Das Kloster war gewissermaßen das geistige Verteidigungsbollwerk des bayerischen Katholizismus gegen die aufbegehrliche Reformation und den Protestantismus.

Das Recht auf einen Flusszoll, erlaubte, dass die Stadt nun von jedem passierenden Floß 3 Pfennige Zoll kassiere durfte; die Einnahmen wurden für die Landsberger Wehrbauten verwendet. Im Jahr 1425 entstand das Bayertor als Einlass in die Stadt von Osten her. Durch dieses Tor führte auch die Salzstraße von München kommend in die Stadt hinein. Ein alter, schöner Brauch war das „Jungferngeld. Ab 1437 mussten Jahr für Jahr die Landsberger von ihren Steuereinnahmen 40 Pfennige an zwei unbescholtene Jungfrauen als Heiratsgeld übergeben. Der Brauch aber ist wie so vieles nicht in die Analen der Stadt eingegangen. Dafür sorgten zwei andere geschichtsträchtige Phasen der Stadt.

Das kalte Krematorium.

Landsberg am Lech - BayernLandsberg am Lech - Bayern

Landsberg am Lech ist wahrlich eine historische Stadt. Ihre Mauern umschließen nicht nur eine schöne, mittelalterliche und gut erhaltene Alstadt, sondern zwei Ereignisse, zwei historisch bedeutsame Phasen ihrer Geschichte, die wir hier zunächst ins Zentrum stellen möchten.

Das Datum war das Jahr 1556, als Erzherzog Albrecht V. unter Beteiligung von Ferdinand I. den Landsberger Bund gründete. Das war ein Bund von überwiegend katholischen Territorien und Städten (Bayern, Ober- und Vorderösterreich, die seit 1525 lutherische Reichsstadt Nürnberg, Salzburg, den Hochstiften Augsburg, Bamberg und Würzburg, dem später auch Kurmainz und Kurtrier beitraten), um sich gegen die protestantischen Reichsstände, insbesondere Fürsten wie Albrecht Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach, zu organisieren. Den katholischen Fürsten ging es darum, ein weiteres Vordringen des Protestantismus zu verhindern, vor allem, weil die Reformation und der Protestantismus im Schmalkaldischen Bund einen mächtigen Zusammenschluss gefunden hatte.

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Landsberg am Lech - BayernLandsberg am Lech - BayernHistorisch nicht ganz korrekt aber noch zulässig sprechen wir beim Dreißigjährigen Krieg, der als Religionskrieg begann, von einem Höhepunkt des Hegemonialanspruchs des Heiligen Römischen Reiches auf gesamt-europäischer Bühne.
Für Landsberg am Lech war der Dreißigjährig ein Desaster. Die Stadtverlebte ein regelrechtes Massaker in der Nacht vom 19. auf den 20. April 1633. Auf Befehl des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar stürmten die auf protestantischer Seite kämpfenden Truppen den Ort und metzelten in der Folge alle Bewohner bis auf 500 Rekruten nieder, die sich ihnen anschlossen. In den beiden letzten Jahren des 1618 begonnenen Kriegs sank die Einwohnerzahl von 650 auf 202.

Das zweite Datum, mit dem Landsberg sich in die Geschichtsbücher unauslöschlich eingetragen hat, liegt im Jahr 1924. Adolf Hitler verbüßte in der Landsberger Festung eine Haftstrafe und nutzte diese Zeit, „Mein Kampf“ zu schreiben. Hätte man doch nur seine niedergeschriebenen Gedanken zur Herrenrasse, zum Krieg, zur Judenvernichtung aufmerksam gelesen, wieviel Leid wäre Europa und Teilen der Welt erspart geblieben. Mitnichten, im Gegenteil, man nahm „Mein Kampf“ nicht zur Kenntnis.

Zwischen 1937 und 1945 stilisierte sich Landsberg am Lech mit der „Hitlerzelle“, neben München und Nürnberg, als dritte zentrale Stätte des Nationalsozialismus. Es wurde mit der Verleihung des höchst fragwürdigen Titels „Landsberg – Stadt der Jugend“ als Treffpunkt der Hitler-Jugend bekannt gemacht und steht als diese Stadt der nationalsozialistischen Bewegung im Buch der Geschichte und nicht als Zelle des Widerstands.

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United States Holocaust Memorial Museum, Washington, D.C.

Erdbaracken Kaufering IV – Hurlach. (Aufnahme vom 28. April 1945 nach der Befreiung durch die US-Armee)

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Leichen ermordeter jüdischer KZ-Zwangsarbeiter liegen auf der Straße vor den schwelenden Ruinen von Baracken, die von der SS bei der Evakuierung von Hurlach (KZ-Außenlager Kaufering IV – Hurlach) dem Erdboden gleichgemacht wurden. (Foto 28. April 1945. National Archives and Records Administration, College Park)

Man errichtete KZ-Außenstellen bzw. -außenlager, tödliche Arbeitslager, die aufgrund von Hunger, Kälte und Krankheiten wie zum Beispiel Typhus, der rigorosen Ausbeutung der Arbeitskraft bis zur Vernichtung von den Häftlingen als „kalte Krematorien“ bezeichnet wurden.

Im April 1945 versuchte man, mit einem sogenannten Todesmarsch den Großteil der noch gehfähigen Häftlinge aus dem Vormarschbereich der Amerikaner zu „evakuieren“. Der Elendszug führte quer durch die Landsberger Altstadt und die Neue Bergstraße hinauf. Ein Gedenkstein im oberen Teil der Neuen Bergstraße erinnert an die zahllosen Opfer.
Nur etwa 15.000 Häftlinge überstanden die letzte Phase der Judenvernichtung und erlebten die Befreiung durch die US-Armee am 27. April 1945.

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