Nürnberg

Die missbrauchte Stadt

Von Nazis bis Lebkuchen.

Nürnberg - Bayern - Deutschland

Bundesarchiv, Bild 183-1982-0809-502 / CC-BY-SA 3.0

Bundesarchiv, Bild 146-1982-174-27 / Großberger, H. / CC-BY-SA 3.0

Nürnberg - Bayern - DeutschlandNürnbergs Geschichte reicht sehr viel weiter als die, unter der sie bekannt wurde und ist, die von Nazis und Lebkuchen. Was heute noch bei vielen als historisches Ereignis behalten wurde ist sicherlich die berühmte Jungfernfahrt des Adlers. Der Adler war die erste Lokomotive, die kommerziell und erfolgreich im Personenverkehr, später auch im Güterverkehr in Deutschland fuhr. Er und seine Schwestermaschine Pfeil wurden als Dampfwagen geführt, die 1835 von der 1823 gegründeten Firma Robert Stephenson and Company im englischen Newcastle konstruiert und gebaut worden waren und an die Königlich privilegierte Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft in Nürnberg (LEG) für den Betrieb auf ihrer Strecke zwischen Nürnberg und Fürth geliefert wurden. Die offizielle Eröffnungsfahrt der Bahn fand am 7. Dezember 1835 statt.

Nürnberg ist auch bekannt als Sitz berühmter Unternehmen, vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Vor dem Krieg produzierten hier die Zweirad Union und Hercules, nach dem Krieg hatten die AEG, Photo Porst, Siemens-Schuckert, Schöller-Eis, MAN, Zündapp sowie der 1957 von den Fürther Grundig-Werken übernommene Bürogerätehersteller Triumph-Adler maßgeblichen Anteil am sogenannten deutschen Wirtschaftswunder.
Weniger bekannt heute ist die Bedeutung der seit 1950 jährlich stattfindende Nürnberger Spielwarenmesse und der 1972 fertiggestellte Bayernhafens am Main-Donau-Kanal sowie der Flughafen.

Nürnberg ist ebenso wenig außerhalb seiner Mauern bekannt als Ort der Religionen, neben dem Christentum. Seit 1146 existierte bis zur Nazizeit eine jüdische Gemeinschaft, die in Nürnberg Aufnahme fand, nachdem sie aus dem Rheinland vertrieben worden war, wo der französische Zisterziensermönch Radulf im Vorfeld des Zweiten Kreuzzuges zu Pogromen an Juden aufrief. In Nürnberg erschien im Jahr 1616 die Übersetzung des Korans von Salomon Schweigger, die erste Übersetzung ins Deutsche. Hier finden sich Buddhismus und Hinduismus und zahlreiche andere Religionsgemeinschaften; seit September 2012 steht in Nürnberg-Eibach das buddhistische Kloster Vinh Nghiem.

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Regelrecht Zuflucht gefunden hat in Nürnberg die fast ausgestorbene Religionsgemeinschaft der mandäischen Gemeinde, zudem bestehen eine Gemeinde der Alevitischen Gemeinschaft und ein alevitischer Kulturverein. Die Anthroposophie, die in Nürnberg eigene Wurzeln hat, ist als Glaubensgemeinschaft in der Krelingstraße 26, mit der Rudolf-Steiner-Schule und einem Kulturhaus, dem Rudolf-Steiner-Haus, Rieterstraße 20, präsent.

Und wer sich für die verschiedenen Epochen europäischer Architekturgeschichte interessiert, findet in Nürnberg zahllose Beispiele einer über 1000jährigen Geschichte. Von der Romanik (bis ca. 1250) über die Gotik (bis ca. 1500), die Renaissance, Barock und Rokoko, Klassizismus, frühes Industriezeitalter, Jugendstil und Reformarchitektur, Klassische Moderne bis hin zur Postmoderne ist alles in der Stadt verteten. Weitere Sehenswürdigkeiten stellen darüber hinaus die Felsengänge im Untergrund des Burgbergs, die im Rahmen von Führungen des Fördervereins Nürnberger Felsengänge e. V. besichtigt werden können.

Nürnberg ist auch eine Stadt der Sagen. Hier sprang der Eppelein von Gailingen mit seinem Pferd über die Burgmauer, wirkte der Stadtpatron St. Sebaldus der Sage nach solange, bis die Stadt die Sebalduskirche errichtete. Hier soll der Sage nach Kunigunde von Orlamünde ihre beiden Kinder ermordet, nachdem sie eine Äußerung des geliebten Burggrafen von Nürnberg missverstanden hatte. Dann tat sie Buße und gründete das Kloster Himmelthron außerhalb der Stadtmauern im heutigen Stadtteil Großgründlach und spukt bis heute als „Weiße Frau“ durch viele Klöster, Burgen, Schlösser und Zimmer des Nachts, vor Unglück und Tod die Schlafenden warnend.

Nürnberg - Bayern - DeutschlandDie größte aller Sagen aber ist die des Kaspar Hauser, der 1828 auf dem Unschlittplatz als mysteriöses Findelkind auftauchte und weit über die Stadt hinaus großes Interesse erregte mit der in keiner Literaturwissenschaft fehlenden Frage nach der Bedeutung von Sprache und Zivilisation für die Menschheit. Im Anschluss daran bekannt geworden ist auch der Nürnberger Trichter, eine oft scherzhaft aufgefasste Allegorie für ein mechanisches Verständnis des Lernens, wonach Wissen einflößbar ist, ohne dass es Lernbereitschaft oder Begabung bedarf. Ob nun eingetrichtert oder nicht, das spielt bei den zahlreichen Geschichten und Schwänken um den Till Eulenspiegel, einem umherstreifenden Schalk des 14. Jahrhunderts, der sich dumm stellte, tatsächlich aber gerissen war und seinen Mitmenschen immer neue Streiche spielte, keine Rolle. Das Buch, dessen Verfasser unbekannt blieb, wurde bereits im 16. Jahrhundert zu einem Bestseller.

Bis heute bezeichnen wir eine nicht sonderlich feine, sympathische und erfolgreiche Art der deutschen Pädagogik mit“eintrichter“ von Wissen wie auch im mittelniederdeutschen Wort „ulen“ die Bedeutung „wischen“ in der Kombination mit „spegel“ – Gesäß – im Ausruf „Ul’n spegel der schwäbische Gruß zum Götzzitat geworden ist und nichts weniger heißt als „Leck mich am Arsch.

Wer nun an den Ausfürhrungen zur Zeit des Nationalsozialismus und dessen Nachkriegsfolgen interessiert ist, liest bitte hier weiter – Link Nürnberg.

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