Wismar - Seite 2

Historisches Hansejuwel unter salziger Brise

Die architektonische Kunst des Backsteinbaus.

Nach der „Wende“ wurde die alte Speicherstadt restauriert und ist heute, bis auf einige wenige Gebäude, wieder hergestellt. Und so langsam beleben sich die beiden Seiten des Hafenbeckens, wobei die Fischer mit ihren Buden auf der stadtauswärts gelegenen Seite festmachen, auf der anderen Hafenseite legen die Besucher mit Ihren Yachten oder Schiffe der Weißen Flotte an.

Wismar - Mecklenburg-Vorpommern - DeutschlandEinige der berühmten Backsteingebäude der Stadt, die man auch heute noch besichtigen kann, verdanken ihre Entstehung einem katastrophalen Brand, 1267. Aber man sieht selbst bei den Restaurierungen neuen Datums recht deutlich die unverwechselbare Schönheit der Backsteinarchitektur, die bereits im 12. Jhd. in Nordeuropa aufkam.
Die ältesten Bauten im Stadtbild von Wismar gehören noch der so genannten Backsteinromanik an. Im 16. Jahrhundert ging die Backsteingotik in die Backsteinrenaissance über, aus der die überwiegende Zahl der Gebäude stammt.

Was uns auffällt und auch mitunter irritiert, ist ein Spezifikum des Steins selbst; mit Backsteinen können figurative Bauplastiken wie man sie etwa aus dem Barock kennt, nicht realisert werden. Deshalb fehlen diese Elemente. Charakteristisch ist einerseits das überwiegende Fehlen von figurativen Bauplastiken, die mit Backsteinen nicht zu realisieren waren, andererseits die reiche Gliederung durch gemauerte Ornamente und Flächenstrukturierungen durch den Wechsel von roten und glasierten Ziegeln und weiß gekalkten Wandflächen.

Der 1 ha große, also 100 mal 100 Meter messende groß Marktplatz der Stadt Wismar ist einer der größten Marktplätze Norddeutschlands. Dort finden Sie eins der berühmten Wahrzeichen der Stadt, die im Renaissancestil erbaute Wismarer Wasserkunst von 1602. Bis etwa um 1430 gab es in Wismar nur Wasserträger und Wasserfahrer die das Wasser in die Häuser brachten.
Ab Mitte des 16. Jahrhundert wurde der Trinkwasserbedarf immer größer, besonders die Bierbrauereien erforderten immer größere Mengen. Deshalb begann man um das Jahr 1563 mit dem Bau eines hölzernen Brunnens auf dem Marktplatz der Stadt. Im Jahre 1602 wurde dann die Wasserkunst über den hölzernen Brunnen auf dem Markt von dem bekannten Utrechter Baumeister Philipp Brandin gebaut.

Wismar - Marktplatz mit Wasserkunst - im Hintergrund Reuterhaus und Hotel Wismar

Am Markt stehen weitere historische Bauten wie das klassizistische Rathaus von 1819 und das wohl meist fotografierte backsteingotische Bürgerhaus mit Namen: Alter Schwede. Sehenswert und eins schöner als das andere sind die zahlreichen mittelalterlichen bis klassizistischen Giebelhäuser in den umliegenden Straßen rund um den Markt. Gleich hinter dem Rathaus am Rudolph-Karstadt-Platz in der Fußgängerzone befindet sich das Stammhaus des Warenhauskonzerns Karstadt. In seiner heutigen Erscheinung stammt es aus dem Jahr 1908, Umbau 1931. Sehenswert ist das historische Treppenhaus und das kleine Museum im Erdgeschoss.

Ebenfalls sehenswert ist der Fürstenhof mit seiner Architektur aus der Backsteinrenaissance, reich verziert mit Terrakotten aus der Werkstatt des Lübecker Künstlers Statius von Düren. Im Fürstenhof befindet sich heute das örtliche Amtsgericht.

Kirchen – Zeugnisse der Backsteingotik.

Wismar hatte drei gotische Hauptkirchen: die Nikolaikirche, Georgenkirche und die Marienkirche. Am Ende des Zweiten Weltkriegs nach zahlreichen Bombardements war nur noch die Nikolaikirche weitgehend erhalten. Die anderen beiden großen Stadtkirchen waren durch Fliegerbomben schwer beschädigt.
Die Nikolaikirche wurde als dreischiffige Basilika von 1381 bis 1487 als Kirche der Seefahrer und Fischer erbaut. Charakteristisches Merkmal ist das Kirchenschiff, das zu den höchsten Deutschlands gehört. In der Kirche ist u. a. der aus der Marienkirche stammende Taufkessel von 1337 ausgestellt.

 

St. Laurentiuskirche - Wismar - Mecklenburg-Vorpommern - Deutschland

St. Laurentiuskirche

Durch Luftminen wurde das Kirchenschiff von St. Marien sehr stark zerstört. Der Turm, der auch als Seezeichen diente, blieb erhalten. 1960 wurde die Ruine des Kirchenschiffs gesprengt.
St. Georgen wurde seit der Wiedervereinigung wieder aufgebaut, jedenfall weitgehend.

Die Heiligen-Geist-Kirche stammt aus dem 14. Jahrhundert. Die gut erhaltene Kirche ist Hauptbau des Heiligen-Geist-Hospitales in der Lübschen Straße.

Die katholische Laurentiuskirche wurde 1901/02 im neuromanischen Stil wieder errichtet.
Die Neue Kirche wurde als evangelische Notkirche 1951 neben der schwer bombenbeschädigten Marienkirche wieder errichtet.

 

Während des Krieges fanden zwölf Luftangriffe statt, bei denen 460 Tonnen an Bomben fielen. Einige historische Gebäude wurden schwer beschädigt oder zerstört wie die o.e. Kirchen. Auch das die drei gotischen Hauptkirchen umgebende, ebenfalls aus der Zeit der Gothik stammende Wohn- und Handwerksviertel hatte schweren Schaden genommen. Um so erfreulicher ist, dass die Restauration und der Wiederaufbau so gut gelungen sind.

Viele der heute strahlenden Gebäude hatten eine bewegte Geschichte, die man kaum noch erahnen kann. Nach der Hansezeit, von der sog. Schwedenzeit bis heute hat Wismar viel Wohlstand, aber auch Niedergang und Zerstörung erlebt. Im Dreißigjährigen Krieg eroberten 1632 die Schweden die Stadt, die dann später im Westfälischen Frieden von 1648 als kaiserliches Lehen an die schwedische Krone fiel.

Wismar - Mecklenburg-Vorpommern - DeutschlandIm Schonischen Krieg wechselte einmal mehr der „Besatzer“ und 1675 wurde Wismar von den Dänen erobert und bis November 1680 besetzt. Nach den Dänen kamen mal wieder die Schweden, die die Stadt zu einer der damals stärksten Seefestungen ausbauten.
Im Jahr 1711 siegten erneut die Dänen im Gefecht bei Lübow unweit der Stadt Wismar über die Schweden.

Die starken Stadtbefestigungen konnten zwar nicht erobert werden, wurden aber nach der schwedischen Niederlage im Nordischen Krieg bis auf die Grundmauern geschleift, nachdem das belagerte Wismar und die darin verschanzten Schwedentruppen 1716 im Pommernfeldzug 1715/1716 von preußisch-dänischen Truppen eingenommen worden war.

Wismar - Mecklenburg-Vorpommern - DeutschlandDie schwedische Herrschaft über Wismar endete de facto 1803, als Schweden die Stadt mit dem Malmöer Pfandvertrag für 99 Jahre an das Herzogtum Mecklenburg-Schwerin verpfändete.
Aber zur Ruhe kam die Stadt nicht und erlebte ein schweres Schicksal wie viele mittelalterliche Städte in der Region und darüber hinaus.
Ab 1806 besetzten napoleonischen Truppen Mecklenburg und Wismar und zogen erst nach sieben Jahren 1813 wieder ab. Nach dem Abzug Napoleons sowie durch die Schweden- und andere Besatzungszeiten war Wismar wirtschaftlich erheblich geschwächt, verfielen die Bauten, die Schifffahrt fristete ein recht eingeschränktes Dasein, sogar die Bierbrauerei und der Handel erlebten einen katastrophalen Niedergang.

Exemplarisch und symbolisch dafür mag der Einsturz  des Wismarer Rathauses im Jahr 1807 stehen, das dort am Orte mehr als 450 Jahre seit 1350 stand. Erst 1819 begann man mit dessen Neubau.

Formal fiel Wismar erst im Jahr 1903 an Deutschland zurück, in dem Schweden auf die Einlösung des Pfandes aus dem Malmöer Vertrag verzichtete. Dies ist der Grund, warum Wismar alljährlich das Schwedenfest feiert und das gleichzeitig an die 155-jährige Zugehörigkeit Wismars zu Schweden erinnert.
Und da Wismar so richtig feiern kann – was man kaum glaubt, erlebt man die Stadt mal zwischen zwei Events – ist auch richt was los zum Schwedenfest. Das ganze Jahr über gibt es zwar eine große Anzahl verschiedener kultureller Veranstaltungen. Höhepunkt jedes Jahres aber ist  und bleibt wohl auch für die Zukunft das Schwedenfest, bei dem alljährlich im August gemeinsam mit schwedischen Gästen gefeiert wird.

 

 

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